Corona weniger tödlich als die Grippe - Dr. Specht erklärt, warum Großbritannien uns in der Pandemie voraus ist
RTL
Durchseuchung, Impfung und die milde Omikron-Variante begünstigen in Großbritannien offenbar eine geringere Todesrate. Funktioniert das auch in Deutschland?
Es nimmt kein Ende: In Deutschland steigen die Corona-Zahlen kontinuierlich. Allein die 7-Tage-Inzidenz ist momentan so hoch wie nie zuvor. Zahlen aus Großbritannien geben nun ein wenig Hoffnung: Einer Erhebung der "Daily Mail" zufolge soll Corona dort mittlerweile weniger tödlich sein als die Grippe. Gleichzeitig warnt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in den vergangenen Tagen bereits mehrfach vor womöglich steigenden Totenzahlen bei uns. Wie passt das zusammen? Was haben die Briten besser gemacht? Und haben wir etwa den Absprung verpasst? Wir haben mit Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht gesprochen.
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Wie die britische "Daily Mail" auf Basis von Regierungsangaben berichtet, liege die Todesrate von Corona derzeit nur noch bei 0,03 Prozent. Heißt: Nur einer von 3.300 Infizierten sterbe an einer Covid-19-Erkrankung. Damit sei Corona momentan in Großbritannien vergleichbar oder weniger tödlich als die Grippe. Zum Vergleich: Die Infektionssterblichkeitsrate der saisonalen Grippe liegt laut "Daily Mail" in Großbritannien zwischen 0,01 und 0,05 Prozent.
Noch vor wenigen Wochen, als die Delta-Variante in weiten Teilen Europas dominierte, lag die Corona-Todesrate in Großbritannien noch bei 0,2 Prozent. Damals starb knapp einer von 500 Infizierten, wie die Zeitung berichtet. Die Wahrscheinlichkeit an Corona zu sterben, sei nun also 7-fach geringer als noch vor einigen Monaten, könne aber von einer gefährlicheren Variante als Omikron wieder rückgängig gemacht werden, warnt Prof. Paul Hunter, Experte für Infektionskrankheiten von der University of East Anglia, gegenüber "Daily Mail".
Doch woran liegt nun diese geringe Todesrate? Laut britischen Wissenschaftlern könne die zurückgegangene Sterberate eine Kombination aus der milderen Omikron-Variante, dem Aufbau einer Immunität nach wiederholten Viruswellen und der Impfung sein, heißt es bei "Daily Mail". Großbritannien ließ bereits im Juli 2021 alle Corona-Maßnahmen fallen und anfangs sah es so aus, als hätte das Land einen falschen Weg eingeschlagen. Die Inzidenzen auf der Insel explodierten, Experten warnten vor einer Überlastung der Krankenhäuser. Nun scheint es jedoch so, als ob die hohen Infektionen dem Land jetzt zugute kommen.
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Allgemeinmediziner und Medizinjournalist Dr. Christoph Specht hat sich die Zahlen mit uns einmal genauer angesehen. Im RTL-Gespräch erklärt er: Die geringe Todesrate liege am sogenannten Verdünnungseffekt. "Die Omikron-Variante ist zwar viel ansteckender als die vorherigen Varianten", sagt Specht, "aber gerade im Vergleich mit Delta ist sie harmloser." Wenn bei Delta von 100 Menschen einer gestorben sei, dann sterbe bei Omikron einer von 1.000. Wie Prof. Robert Dingwall, Soziologe an der Nottingham Trent University, bei "Daily Mail" erklärt, befinde sich Corona in Großbritannien zudem gerade im "Übergang" zu einer Atemwegserkrankung.
Dennoch warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erst vor wenigen Tagen davor, dass Deutschland die momentane Corona-Lage unterschätze. "Die Lage ist viel schlechter als die Stimmung", sagte er bei einer Pressekonferenz am 12. März. Die Dunkelziffer der Inzidenzen sei viel höher als gedacht und die Perspektive sei, dass in den kommenden Wochen mehr Menschen sterben werden.