Corona und Konzert – Christian Gerhaher: „Es ist eher ein Versanden an den Seiten, ein Verblassen unserer Tätigkeit“
Frankfurter Rundschau
Der Sänger Christian Gerhaher über die Rolle der E-Musik, die er Schwinden sieht, über Häuser, die vielleicht auch nach der Pandemie halbleer bleiben werden – und über Aufpeppungstendenzen als inadäquate Gegenwehr
Herr Gerhaher, zu Beginn der Pandemie haben Sie gesagt: „Vielleicht ändert sich mein künstlerisches Leben.“ Ist das passiert?
Es ist noch nicht Zeit zu resümieren, die Pandemie ist nicht vorbei. Aber – ja, es hat sich geändert. Vieles wurde abgesagt, vieles hat an Selbstverständlichkeit verloren. Mein eigenes Leben ist da allerdings nicht so wichtig. Was ich insgesamt bemerke: Stellenwert und Selbstsicht der Kulturinstitutionen haben sich stark geändert.
Weil die Kulturinstitutionen frustriert darüber sind, wie nachrangig sie behandelt wurden?
Ich glaube eher, dass den Institutionen, die im Vergleich zur Laienmusik und zu vielen selbstständigen Solisten oder zur Nachwuchsförderung gut überlebt haben, eines dämmert: Die reduzierten Zuschauerzahlen, die nun erlaubt sind, werden nicht mehr lange als Entschuldigung dafür dienen, wenn die Häuser gar nicht mehr voll werden. Man weiß eigentlich nicht, wie dieses Defizit an Publikum jemals wieder ausgeglichen werden kann.
Wird es wieder zum Status quo vor der Pandemie zurückgehen nach einer Übergangsphase?