Corona und der Fußball: Wo bleiben die Fans?
Frankfurter Rundschau
Die Frage, die sich der Fußball stellen muss: Kommen die Fans zurück oder zeigen sie der Kickerei die kalte Schulter? Ein Kommentar.
Klugerweise hat Jürgen Klopp die beängstigende Ausmaße annehmende Verbreitung der Omikron-Variante in Großbritannien dazu genutzt, auf die segensreiche Wirkung des Impfens hinzuweisen. „Wenn niemand geimpft wäre, dann würden die Leute sterben wie die Fliegen“, sagte der Liverpooler Fußballtrainer. Die Zahlen sind ernüchternd: 90 000 Menschen haben sich binnen eines Tages auf der Insel angesteckt. Fünf Partien in der Premier League finden coronabedingt an diesem Wochenende nicht statt, die Absage des Spieltags wird diskutiert. Warum auch sollte das Virus und seine Mutanten gerade Fußballer verschonen, die etwa - trotz Hygienekonzept - eng, viel enger als anderswo - zusammenkommen, sei es, schweißnass in Kabinen, beim Duschen, bei Videoanalysen?
Es gehört nicht viel Phantasie dazu, dass derlei Entwicklungen über kurz oder lang auch die Bundesliga erreichen werden, Spielausfälle, Spieltagsausfälle, Geisterspiele stehen als Menetekel an der Wand. Die nächsten beiden kalten Monate plus Anwachsen der Inzidenzen könnten die Branche vor alte Probleme und neue Bewährungsproben stellen. Und es ist ja jetzt schon so, dass die Klubs, selbst wenn sie dürften, ihre Stadien nicht mehr voll bekommen: Beispiel: Am Mittwoch waren nur 10 000 Zusehende in Gladbach in der Arena, obwohl dieser VfL jeder klatschenden Hand bedurft hätte, in Frankfurt pilgerten am Wochenende 12 000 Fans in der Stadtwald, 15 000 hätten gedurft. So sieht es an vielen Bundesliga-Standorten momentan aus.
Die Menschen sind vorsichtiger geworden, vernünftiger, sie meiden größere Veranstaltungen, gerade An- und Abreise birgt Ansteckungsgefahr. Dazu ist das reine Stadionerlebnis, ein früherer Hauptgrund voller Ränge, inzwischen komplett verwässert, so lange Ultras oder andere Gruppen der aktiven Fanszene die Spiele boykottieren, ist die Atmosphäre eben nicht prickelnd, sondern tröge. Kommen langweilige Spiele hinzu, hohe Eintrittspreise und die Ungewissheit, ob man mit den Kumpel beieinandersitzt, gerät so ein Stadionbesuch, eigentlich immer fester Bestandteil des Wochenendprogramms, auf den Prüfstand. Zumal die Alternative - heimischer Bildschirm, Spiele in HD-Qualität -, nicht zu verachten ist.