Corona: Antikörper neutralisieren Omikron – Werden Booster-Impfungen jetzt unnötig?
Frankfurter Rundschau
Zwei Corona-Antikörper neutralisieren sämtliche bekannten Varianten des Virus. Forschende wähnen „eine echte Revolution im Kampf gegen Corona“.
Tel Aviv – Die Universität von Tel Aviv meldet einen Durchbruch in der Corona-Forschung: Einem Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung der Immunologin Natalia Freund ist es gelungen, Antikörper zu finden, die alle bisher bekannten Varianten des Coronavirus – inklusive der Varianten Delta und Omikron – neutralisieren können. Die Studie wurde im Fachjournal Communications Biology veröffentlicht.
Die Antikörper fanden die Forschenden im Immunsystem genesener Corona-Patient:innen – und zwar bereits im Oktober 2020. Damals untersuchten Freund und ihr Team das Blut von Personen in Israel, die sich mit dem Wildtyp des Coronavirus infiziert hatten und wieder genesen waren. Dabei isolierten die Forschenden neun Antikörper, die die Patientinnen und Patienten produziert hatten. In der neuen Studie fanden die Forschenden nun heraus, dass einige dieser damals entdeckten Antikörper sehr effektiv darin sind, die Coronavirus-Varianten Delta und Omikron zu neutralisieren.
„In der vorherigen Studie konnten wir zeigen, dass die verschiedenen Antikörper, die als Reaktion auf eine Infektion mit dem ursprünglichen Virus gebildet werden, gegen unterschiedliche Stellen des Virus gerichtet sind“, erklärt Freund in einer Mitteilung ihrer Universität. Die wirksamsten Antikörper seien diejenigen gewesen, die an das „Spike“-Protein des Virus gebunden hätten – und zwar an der Stelle, „an der das Spike den zellulären Rezeptor ACE2 bindet“. Auch andere Teams hätten diese Antikörper isoliert, das globale Gesundheitssystem habe sie „ausgiebig genutzt“, betont Freund. Doch das Aufkommen von verschiedenen Varianten des Coronavirus machte die meisten der Antikörper unbrauchbar.
Doch nicht alle 2020 entdeckten Antikörper sind in Zeiten der Omikron-Variante untauglich. Zwei der Antikörper, TAU-1109 und TAU-2310, binden das virale Spike-Protein in einem anderen Bereich als die meisten Antikörper und stellten sich als sehr wirksam bei der Neutralisation der Delta- und Omikron-Varianten heraus. „Unseren Ergebnissen zufolge liegt die Wirksamkeit des Antikörpers TAU-1109 bei der Neutralisation des Omikron-Stamms bei 92 Prozent, bei der Neutralisation des Delta-Stamms bei 90 Prozent. Der Antikörper TAU-2310 neutralisiert die Omikron-Variante mit einer Wirksamkeit von 84 Prozent und die Delta-Variante mit einer Wirksamkeit von 97 Prozent“, schildert Freund das Ergebnis ihrer Studie.
Die Leiterin der Studie geht davon aus, dass die überraschende Wirksamkeit der beiden Antikörper mit der Evolution des Coronavirus zusammenhängt: „Die Infektiosität des Virus nahm mit jeder Variante zu, weil es jedes Mal die Aminosäuresequenz des Teils des Spike-Proteins änderte, der an den ACE2-Rezeptor bindet. Dadurch erhöhte er seine Infektiosität und wich gleichzeitig den natürlichen Antikörpern, die nach Impfungen gebildet wurden, aus“, erläutert Freund. Die Antikörper TAU-1109 und TAU-2310 würden jedoch an eine andere Region des Spike-Proteins anbinden, die „warum auch immer“ nicht viele Mutationen erfährt und seien „daher bei der Neutralisation von mehr Virusvarianten wirksam“.