
Christoffer Carlsson „Unter dem Sturm“: Jetzt ist es still geworden
Frankfurter Rundschau
Christoffer Carlssons berührender Kriminalroman „Unter dem Sturm“.
Es war zuerst dem Autorenduo Maj Sjöwall und Per Wahlöö, dann vor allem Henning Mankell zu verdanken, dass der skandinavische Kriminalroman den Ruf erwarb, nicht nur gesellschaftskritisch und politisch relevant, sondern dabei auch verflixt spannend zu sein. Mankell-Nachfolger wie Stieg Larsson und Jussi Adler-Olsen schrieben deutlich schlechter, gingen dafür mit ebenso grausam wie originell zugerichteten Leichen geradezu verschwenderisch um. In den letzten Jahren war der typische skandinavische Thriller die zunehmend absurder werdende Serienmörder-Geschichte. Diese Rezensentin hat viele der Romane (eigentlich alle mit aufwendig drapierten toten Frauen) nach wenigen Seiten weggelegt. Es ist schön, dass der im Jahr 1986 geborene, nahe dem südschwedischen Marbäck aufgewachsene Christoffer Carlsson nun mit einer ganz anderen Art von Kriminalliteratur erfolgreich ist. In Stockholm ist er Professor für Kriminologie, da mag ihm das Klein-Klein polizeilicher Arbeit nicht ganz fremd sein. Aber er scheut sich auch nicht, in einem Krimi über Sprache nachzudenken: Gleich auf der ersten Seite von „Unter dem Sturm“ zum Beispiel über die Wendung, dass der Sensenmann einen „holt“. Über das Wort „schäbig“. Oder warum Angst und Ratlosigkeit oft Ausdruck finden in „Ich wusste nicht, wohin“ – als wäre ein anderer Ort die Rettung, wenn man nur wüsste, welcher der richtige ist. Vidar Jörgensson scheint eher zu glauben, dass ein anderer Job die Rettung ist, irgendwann auch für seine Ehe. Denn ein Fall aus dem November 1994 lässt ihn nicht los, da läuft der Polizist – seit vier Jahren trägt Vidar bereits Uniform – nachts zu einem brennenden Haus, in dem eine junge Frau, Lovisa, gefunden wird. Schnell ermitteln die Beamten, dass sie bereits tot war, als das Feuer gelegt wurde. Wenig Fortschritt machen sie zunächst in Sachen Täter, dann sprechen immer mehr Indizien gegen Edvard Christensson, ihren Freund. Er beteuert seine Unschuld, er wird trotzdem verurteilt.More Related News