Christo: Sechzehn Tage den Wind sehen
Frankfurter Rundschau
Christos Vermächtnis: Am Samstag soll die Verhüllung des Arc de Triomphe in Paris fertig sein.
Die Bauarbeiten begannen schon am 15. Juli, gleich nach dem französischen Nationalfeiertag, an dem der Arc de Triomphe jeweils als Kulisse für die Militärparade des Quatorze Juillet dient. Mehrere Dutzend Industriekletterer machten sich daran, an dem 50 Meter hohen Bauwerk punktuelle Stahlgerüste anzubringen. Dann umwickelten sie das Denkmal für den Sieg Napoleons in der Drei-Kaiser-Schlacht von Austerlitz von 1805 mit roten Seilen. Seit Montag wird nun sichtbar, wozu: Sie halten die 25 000 Quadratmeter umfassende Hülle aus (recycelbarem) Polypropylen, die diese Woche über den ganzen Monumentalbau gespannt wird.
Am Samstag soll das Werk vollbracht und der Pariser Triumphbogen verhüllt sein: als postume Realisierung einer Arbeit von Christo Vladimiroff Javacheff, dem bulgarischen Verpackungskünstler Christo, der unter anderem den Reichstag in Berlin (1995) einkleidete. Für den Triumphbogen kehrt der im Mai 2020 verstorbene Künstler zumindest mit seinem Werk zu seiner ersten Liebe zurück – Paris. Als 23-Jähriger war er auf der Flucht vor dem kommunistischen Regime seines Landes an die Seine gekommen. In Paris errichtete er sein erstes größeres Kunstwerk, als er ohne Genehmigung eine Seitenstraße mit aufeinander geschichteten Ölfässern verstellte und das Ganze „eisernen Vorhang“ nannte.
Bald fand er zusammen mit seiner Frau, der Französin Jeanne-Claude Denat de Guillebon (1935-2009), zu seinem unverwechselbaren Stil. Sehr früh schon wälzte er zwei Projekte, die Verhüllung des Pont-Neuf und des Arc de Triomphe. Die Pariser Brücke deckte er in der Tat 1985 ab, nachdem der damalige Pariser Bürgermeister Jacques Chirac nach jahrelangem Zögern die Bewilligung erteilt hatte.