Christian Seifert: Abrechnung zum Abschied
Frankfurter Rundschau
DFL-Boss sieht Verhältnis zum DFB „am absoluten Tiefpunkt“, Wertedebatten würden zu hoch gewichtet, Fanorganisationen fänden zu viel Gehör. Politik habe in der Pandemie „zu wenig Konzepte“.
Der scheidende DFL-Geschäftsführer Christian Seifert hat vor seiner Verabschiedung in einem Mediengespräch Fundamentalkritik an politischen Entwicklungen in Deutschland und am Deutschen Fußball-Bund geübt. Der „deutschen Spitzenpolitik“ riet er, sich nicht zur sehr an Twitterblasen zu orientieren („Das ist nicht die echte Welt da draußen“), sondern mehr an den „Menschen in der Fußgängerzone“.
Auch bei den Bundesligaklubs und Medien sieht der 52-Jährige die Gefahr, Schwerpunkte falsch zu gewichten. Debatten um gesellschaftliche Verantwortung der Bundesliga seien „vielleicht wichtiger“ geworden, jedoch liefen sie Gefahr, den „Blick auf das wirklich Wesentliche“ zu verstellen. Die Vereine sollten „vor lauter Wertedebatten“ nicht vergessen, besser „über Zukunftstechnologie und Wachstum zu sprechen und darüber, dass man Kinder und Jugendliche begeistern muss“.
Für die meisten Menschen sei nämlich nur das wichtig, was auf dem Platz geschähe. „Millionen von Menschen ist es relativ egal, worüber sich die x-te Fanorganisation gerade zum y-ten Mal auslässt“. Seifert warnte vor „einer Dauerdebatte mit fünf Prozent der Stadionbesucher“ und rief dazu auf, „nicht nur organisierten Fan- und Ultraguppen“ zuzuhören. Er sehe dabei nämlich die Gefahr, sich allzu sehr auf „verengte Sichtweisen“ einzulassen. „So gestaltet man die Zukunft nicht, sondern verspielt sie vielleicht sogar“.