Chinas Russland-Problem
DW
Beide Großmächte sind Nachbarn, Wirtschaftspartner und in Gegnerschaft zu den USA eng verbunden. Aber die Ukraine-Invasion wird für Peking zum Problem.
Eine Woche tagt der Nationale Volkskongress in Peking. Als Premier Li Keqiang zum Abschluss am Freitag vor die Presse tritt, fragen Journalisten auch nach Chinas Haltung zur russischen Invasion in der Ukraine. Eine "wirklich beunruhigenden Lage" konstatiert Li in der Ukraine und ruft zu "äußerster Zurückhaltung" auf. Kritik an der Invasion oder auch nur eine Distanzierung von Moskau sind nicht zu hören. Kritisiert werden stattdessen die internationalen Sanktionen gegen Russland.
Schon am Montag hatte Außenminister Wang Yi klar gemacht: "Egal, wie tückisch der internationale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategische Entschlossenheit aufrechterhalten und die umfassende kooperative Partnerschaft in der neuen Ära vorantreiben". Das Verhältnis zu Russland gehöre "zu den wichtigsten bilateralen Beziehungen in der Welt" und trage bei zu "Frieden und Stabilität", erläuterte Chinas Chef-Diplomat. "Die Freundschaft zwischen beiden Völkern ist felsenfest."
China und Russland teilen nicht nur eine über 4000 Kilometer lange Grenze. Auch ihre Wirtschaften ergänzen sich: Energie und Rohstoffe fließen nach China, Industrieprodukte nach Norden. Beide Staaten werden autoritär regiert. Und untermauern ihre Herrschaft mit Erzählungen von der historischen Größe ihrer Nationen. Beide eint auch die Gegnerschaft zu den USA: "Für China ist in den Beziehungen zu Russland das geopolitische Element entscheidend", erläutert Maximilian Mayer.
Im DW-Interview führt der Bonner Politikwissenschaftler weiter aus: "Das ist der Kern der Partnerschaft: Eine Form der strategischen Zusammenarbeit, die versucht, die US-amerikanische Hegemonie, so wie sie in Moskau und Peking wahrgenommen wird, zurückzudrängen und einen Gegenpol in einer multipolaren Weltordnung zu bilden."
Diese strategisch Zusammenarbeit wurde am 4. Februar in die Form einer gemeinsamen Erklärung gegossen, die eine "Freundschaft ohne Grenzen" beschwört. Drei Wochen vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine hatten Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele für einen geostrategischen Schulterschluss genutzt. China unterstützt in der Erklärung die Kritik Russlands an der NATO-Osterweiterung.