
Charlotte Knoblochs Bodyguard schrieb Hass-SMS
n-tv
Anscheinend ist eine jüdische Frau mit einem blitzgescheiten Kopf und einer nicht schön zu diskutierenden Geschichte noch immer in Gefahr in Deutschland. Dass einer ihrer Personenschützer dabei die größte Gefahr darstellt, ist mindestens genauso perfide und schlimm wie die Tatsache, dass sie ihn überhaupt benötigt. Eine Prozessbeobachtung.
Eine kleine, ältere Dame, schick gekleidet in mittelhohen Absatzschuhen, die eine Veranstaltung in München verlässt, zwei Männer neben ihr, links und rechts, Knopf im Ohr, ihre Personenschützer. Charlotte Knobloch geht von einer privaten, wenn auch großen Feier, nach Hause, es ist Mitternacht, sie hat eine fantastische Rede gehalten, auf das Geburtstagskind und für die Gäste, gespickt mit klugen Gedanken und herrlichen Anekdoten. Wie traurig das jedoch wirkt, es ist Wochenende, und eine Neunzigjährige muss jetzt mit zwei Personenschützern nach Hause. Die sollen ihr ein sicheres Gefühl geben, es bedeutet aber nur, dass die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde, ehemalige Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses und ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden, sich nie in Sicherheit wägen darf. Anscheinend ist eine kleine jüdische Frau also noch immer in Gefahr in Deutschland, und die größte Gefahr, ihr Personenschützer, ist nur die Spitze eines Eisbergs, der mitten unter uns vor sich hindümpelt.
Worum geht's? Um den Polizisten Michael R., der in Whatsapp-Chats rassistische, nationalsozialistische und antisemitische Äußerungen getätigt haben soll. Er soll als Personenschützer, der auch Charlotte Knobloch bewachte, diese höchstselbst verunglimpft haben. Eine Geschichte aus der "Süddeutschen Zeitung", die zeigt, dass wir mancherorts noch keinen Schritt weiter sind als kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Fragen, die die Autorin des "SZ"-Artikels stellt, sind leider berechtigt: Darf ein Polizist in polizeiinternen Chatgruppen oder privaten Nachrichten ausländerfeindliche Witze reißen? Darf man als Personenschützer des israelischen Generalkonsuls seinem Polizei-Kollegen schreiben, ihm wäre als Fahrziel mit seinem Chef nicht Auschwitz oder Flossenbürg, sondern Dachau lieber, denn da käme man früher wieder heim? Der gesunde Menschenverstand sagt "nein, das darf man nicht", das darf ein Polizist erst recht nicht und der Personenschützer einer vulnerablen Person schon gar nicht.
Das Polizeipräsidium München will diesen Beamten nun also aus dem Dienst entfernen. Das Verwaltungsgericht München ist erstaunlich zögerlich. Der Anwalt des Angeklagten meint, R. habe sich "lediglich ein verbales Ventil gesucht zu seiner Arbeit, er sei keineswegs ausländerfeindlich, rechtsradikal oder antisemitisch eingestellt". Als Ventil könnte man zum Boxen gehen, joggen oder Videospiele ballern, antisemitische Verbalentgleisungen allerdings als Methode zum Dampf ablassen sind nicht normal. Beispiele von Chats mit einem Kollegen (der nicht mehr im Polizeidienst arbeitet) und einer Chat-Gruppe mit sieben anderen Polizisten zeigen, dass per WhatsApp Videos, Fotos und Textnachrichten ausgetauscht worden sein sollen. Gängige Buchstabenkombinationen zwischen den Teilnehmenden sollen "HH" und "SH", in rechtsradikalen Kreisen als "Heil Hitler" und "Sieg Heil" bekannt, gewesen sein. Der Angeklagte versichert, das sei ein "running gag" gewesen und bedeute "Servus Homo" und "Hey ha".

Ein Streit zwischen einem Vater und seinen zwei Söhnen gerät an einem Bahnhof außer Kontrolle. Erst schubsen und schlagen die zwei Teenager den 41-Jährigen, dann zücken sie Messer und stechen mehrmals auf ihn ein. Sie flüchten und lassen ihn schwer verletzt zurück. Zwei Tage später werden sie gefasst.