
Bundesregierung bestellt Irans Botschafter ein
DW
Das unverhältnismäßig scharfe Vorgehen gegen Demonstranten im Iran - nach dem Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini - hat ein diplomatisches Nachspiel. Neben Deutschland will auch die Europäische Union Flagge zeigen.
Das Auswärtige Amt in Berlin hat den iranischen Botschafter einbestellt. Das teilte ein Regierungssprecher mit. Er betonte, auch auf Ebene der Europäischen Union werde man rasch über alle Optionen einer Reaktion beraten. Die EU denkt über neue Sanktionen nach. Hintergrund ist der seit Tagen anhaltende unverhältnismäßig harte Einsatz von Gewalt gegen tausende Demonstranten im Iran. Die Regierung in Teheran wies die Kritik der EU als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes und als "Unterstützung von Krawallmachern" zurück.
Auslöser der seit zehn Tagen dauernden Proteste gegen die Staatsführung ist der Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini. Sie war am 13. September in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie gegen die strenge islamische Kleiderordnung verstoßen und ihr Kopftuch nicht angemessen getragen haben soll. Auf der Polizeiwache brach sie unter ungeklärten Umständen zusammen und wurde drei Tage später im Krankenhaus für tot erklärt.
Seither gehen im Iran tausende Menschen auf die Straße. Ihre wütenden Proteste richten sich inzwischen auch gegen das islamische Herrschaftssystem, die systematische Diskriminierung von Frauen und die Einschränkung persönlicher Freiheitsrechte.
Die Behörden im Iran nahmen nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 1200 Menschen fest. Der Leiter der iranischen Justizbehörde, Gholamhossein Mohseni Edschei, hatte am Sonntag ein "entschlossenes Vorgehen ohne Nachsicht" gegen die Demonstranten gefordert. Nach einer nicht näher erläuterten Bilanz iranischer Stellen sind seit Beginn der Proteste 41 Menschen getötet worden. Die in Oslo ansässige NGO Iran Human Rights (IHR) spricht von mindestens 57 Getöteten.
In der für Schiiten heiligen Stadt Ghom wurden Fotos mutmaßlicher Demonstranten veröffentlicht. Das Militär forderte die Einwohner auf, die "Anführer der Unruhen" zu identifizieren und die Namen den Behörden zu melden.