
Bulgarien: Die zwei Gesichter von Präsident Rumen Radew
DW
Kampfpilot und Präsident, pro-russisch und trotzdem treuer Verbündeter des Westens? Der bulgarische Staatschef ist eine schillernde Figur mit einem erstaunlichen Werdegang. Am kommenden Montag besucht er Berlin.
Diese Visite steht ganz im Zeichen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine: Am 16. Mai 2022 besucht der bulgarische Präsident Rumen Radew Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Der Besuch ist brisant, denn seit Beginn der Invasion am 24. Februar führt die politische Umlaufbahn des Ex-Kampfpiloten Radew, der sich zuletzt in seinem Heimatland als Reformer inszenierte, dorthin zurück, wo sie begann: nach Moskau.
Es war dem am 18. Juni 1963 im südbulgarischen Dimitrowgrad Geborenen nicht in die Wiege gelegt, dass er einmal als Präsident and der Spitze seines Heimatlandes stehen würde. Das einschneidendste Erlebnis im Leben des damals 19-jährigen war sein Eintritt in die bulgarische Armee im Jahr 1982. Dort machte er Karriere bis zu seiner Präsidentschaft im Jahr 2016.
1987 beendete Radew den Offizierslehrgang der Luftwaffe und trat zeitgleich der Bulgarischen Kommunistischen Partei BKP bei, die das Land seit 1945 beherrschte. Diesen Schritt beschrieb er später als "obligatorisch für Offiziere". 1990 verließ er die BKP dann auch wieder, ist aber bis heute deren Nachfolgepartei, den bulgarischen Sozialisten (BSP), verbunden. Letztlich aber deutete lange nichts auf politische Ambitionen hin.
Radews Herz gehörte vielmehr der militärischen Luftfahrt. Mit Stolz nennt sein offizieller Lebenslauf die über 1400 Flugstunden, die er mit den MiG-29-Kampfbombern sowjetischer Bauart absolvierte. In den 2000er Jahren brachte er es zum Kommandeur verschiedener Luftwaffenstützpunkte, bevor er 2014 im Rang eines Generalmajors das Kommando über die bulgarische Luftwaffe übernahm. Das gab er erst ab, als er im November 2016, unterstützt von der BSP, etwas überraschend die Präsidentschaftswahlen gewann - mit Hilfe aus Moskau.
Wie war es dazu gekommen? Wie die BSP-Vorsitzende Kornelia Ninowa nach der Wahl zugab, hatte sie Radews Kandidatur mit Leonid Reschetnikow besprochen, einem Geheimdienst-General im Ruhestand und Leiter des Moskauer Instituts für Strategische Forschung (RISS). Reschetnikow hatte zuvor in Bulgarien eine Umfrage durchführen lassen, um das erfolgversprechendste Kandidatenprofil zu ermitteln. Er bediente sich dazu des inzwischen als "russischen Einflussagenten" angeklagten Leiter der russophilen Bewegung, Nikolaj Malinow. Das Ergebnis war Rumen Radew, von dem sich Reschetnikow erhoffte, er werde Bulgarien vom Westen zu Russland hin umorientieren.