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Britischer Turner-Preis: Protest als Kunst
Frankfurter Rundschau
Die nordirische Aktivistengruppe Array Collective erhält den Turner-Preis 2021.
Abermals sorgte die Turner-Preis-Verleihung – in der Nacht zu Donnerstag in der Herbert Art Gallery in Coventry – für eine Sensation. Protest wird Kunst. Die Belfaster Aktivistengruppe Array Collective, die mit ihren Aktionen unermüdlich auf die noch immer angespannte politische Situation Nordirlands hinweist, an die mörderischen Glaubenskriege zwischen Protestanten und Katholiken und die Verwerfungen im Gemeinwesen erinnert, den Brexit ablehnt und gegen die gesetzliche Diskriminierung der Queer-Community und das Abtreibungsverbot kämpft, bekam die in der Kunstwelt überaus bedeutende Ehrung – den Turner-Preis.
Die Juroren loben das Kollektiv für seine „hoffnungsvolle und dynamische Kunst, die dringliche soziale und politische Themen mit Humor, Ernsthaftigkeit und Schönheit behandelt.“ Das Preisgeld beträgt 25 000 Pfund, die anderen nominierten Kollektive – Black Obsidian Sound System (B.O.S.S.), Cooking Sections, Gentle/Radical und Project Art Works – bekamen je 10 000 Pfund.
Schon 2019 war das Preiskomitee in der Londoner Tate von dem seit 1984 geltenden traditionellen Ritual der Einzel-Ehrung abgerückt. Es war eine Sensation, denn es bekamen alle vier Nominierten das britische Meritum. „Glad to be of service“ (Gern zu Diensten) so agierte das Preiskomitee Harmonie stiftend. Man wollte Trennendes vermeiden, denn unter den Sturmwolken des Brexit, gerade auch im Kunstbetrieb, war alles anders als zu weltoffenen Zeiten. In den Werken der vier Ausgezeichneten – zwei Frauen, zwei Männer – ging es um Marginalisierung, Unterdrückung und ungleiche Geschlechterverhältnisse. Und Thema war die mangelnde Teilhabe von Millionen Briten und Milliarden von Menschen auf der Erde an einem guten Leben. Der internationale Kulturbetrieb reagierte so begeistert wie hoffnungsvoll.