Britische Premierministerin Liz Truss kündigt Rücktritt an
DW
Die konservative Regierungschefin tritt nach nur sechs Wochen im Amt zurück. Das teilte Truss bei einer eilig anberaumten Pressekonferenz in der Downing Street mit. Sie will aber bleiben, bis ein Nachfolger gefunden ist.
Sie werde so lange im Amt bleiben, bis ein Nachfolger ernannt worden sei, sagte die konservative Politikerin in London vor dem Amtssitz in der Downing Street. Sie habe bereits mit König Charles III. darüber gesprochen. Die konservative Tory-Fraktion will bis zum 31. Oktober einen neuen britischen Premierminister oder eine Premierministerin ins Amt heben. Das teilte Graham Brady, der Vorsitzende des mächtigen 1922-Komitees der Konservativen Fraktion im Unterhaus, in London mit.
Der einwöchige parteiinterne Wahlprozess über die Truss-Nachfolge soll bereits am 28. Oktober enden. Als Kandidaten gelten der frühere Finanzminister Rishi Sunak und Penny Mordaunt, die Truss im vorherigen Konkurrenzkampf um den Top-Job noch unterlegen waren. Laut Medienberichten erwägt Truss' Vorgänger Boris Johnson ein Comeback. Wie ein leitender "Times"-Redakteur auf Twitter schrieb, betrachtet Johnson die Entwicklungen als "Sache von nationalem Interesse" und bereitet sich auf eine Kandidatur für den Vorsitz der Konservativen Partei vor.
Truss hatte erst Anfang September die Nachfolge von Boris Johnson angetreten, der nach mehreren Skandalen und Eklats auf Druck der eigenen Partei zurückgetreten war. Doch bereits seit Mitte September kämpfte die 47-Jährige um ihr politisches Überleben im Amt, nachdem sie mit ihren Steuersenkungsplänen ein Fiasko an den Finanzmärkten ausgelöst hatte und sich zu einer Kehrtwende gezwungen sah. Truss verlor innerhalb einer Woche zwei ihrer wichtigsten Minister, Kwasi Kwarteng als Finanzminister und Suella Braverman als Innenministerin. Am Mittwoch war sie dann durch eine chaotische Unterhaus-Abstimmung zusätzlich unter Druck geraten.
Rund 24 Stunden vor ihrem Rücktritt hatte Truss noch im britischen Unterhaus beteuert, nicht aufgeben zu wollen und "eine Kämpferin" zu sein. Nun wies sie zwar auf die schwierigen ökonomischen Zeiten und die politische Instabilität auf dem ganzen Kontinent hin, räumte aber auch ein, unter den aktuellen Bedingungen ihre Vision des radikalen Wirtschaftswachstums nicht mehr umsetzen zu können.
In ihrer Partei wuchs zunehmend der Unmut und Widerstand gegen die Tory-Politikerin. Umfragen zufolge liegen die Konservativen etwa 30 Prozentpunkte hinter der oppositionellen Labour-Partei. Bei dem Forschungsinstitut YouGov ist Truss die unbeliebteste Regierungschefin seit dem Beginn der Erhebungen.