Brauereien verkaufen wieder mehr Fassbier: Sorge um Gasversorgung
ProSieben
Als Kneipen und Restaurants durch die Pandemie bedingt schließen mussten, war Fassbier ein Ladenhüter. Inzwischen steigt die Produktion wieder. Die Bierbrauer haben aber längst wieder ganz andere Sorgen.
Für die Brauer in Deutschland geht es beim Absatz von Fassbier nach einer tiefen Talsohle wieder aufwärts. Volle Biergärten und Terrassen der Restaurants sowie gut besuchte Volks- und Schützenfeste kurbeln die Bierproduktion an. "Die Leute rasen zu jedem Event, die Leute wollen raus", sagte der Chef der Brauerei Veltins, Michael Huber. "Und die Leute bleiben vor allem auch auf den Veranstaltungen viel länger, und dadurch ist der Verbrauch in der Veranstaltung höher als auch von uns erwartet wurde." Man merke diesen "unglaublichen Wunsch nach Nachholen". Fast jedes Schützenfest verzeichne größere Absätze als vor der Corona-Pandemie.
"Die Leute gehen wieder gern in den Biergarten, auf die Feste, die stattfinden", sagte Benedikt Meier, Sprecher des Verbandes Privater Brauereien in München. Mancherorts würde eigentlich sogar noch mehr gehen. "Vielerorts ist ein Problem, dass Personal in der Gastronomie fehlt. Das fängt in der Küche an und reicht bis zum Service." Das stellte auch der Chef der Altbier-Brauerei Bolten, Michael Hollmann, am Niederrhein fest: "Personalmangel, Personalmangel, Personalmangel - in der Gastronomie aber auch in den Brauereien." Viele Beschäftigte hätten sich in der Corona-Krise eine andere Arbeit gesucht und viele auch bessere Arbeitszeiten als in der Gastronomie.
"Klar, der Fassbierabsatz kehrt zurück. 2021 hatte es ja bis in den Mai hinein Restriktionen gegeben. Allerdings fehlen noch Mengen im Vergleich zu früher", sagte der Herausgeber des Branchenmagazins "Inside", Niklas Other. Durch einen mehrfach verlängerten Lockdown war Anfang vergangenen Jahres unverkäufliches Fassbier für die Brauer zu einem immer größeren Problem geworden. Um es vor dem Gully zu retten, stellten etwa Bäcker Bierbrot her. Nach monatelanger Pause füllten viele Brauer erst im Mai 2021 wieder Bier in Fässern ab.
Veltins schätzt, dass der deutsche Biermarkt im ersten Halbjahr 2022 nur um etwa 3 bis 4 Prozent gegenüber dem schwachen Vorjahreszeitraum gewachsen ist. Der noch laufende Juni könnte demnach trotz der vielen Gäste etwa 10 Prozent unter dem extrem guten Vorjahresmonat liegen. So ist Flaschenbier inzwischen nicht mehr so stark gefragt wie noch im ersten Pandemiejahr, als viele Kneipen und Restaurants schließen mussten. "Der Handel hat ein bisschen gelitten, weil die Gastronomie zugenommen hat", sagte Huber. "Flaschenbier läuft nicht so doll, auch der Handel klagt über nicht so optimale Absätze", betonte auch Hollmann. Schon 2021 sei der Flaschenbier-Absatz zurückgegangen.
Viele Bierhersteller sorgen sich inzwischen zunehmend auch um die Gasversorgung - auch für ihre wichtigen Zulieferer wie die Glashersteller. "Die Branche beschäftigt die tiefe Sorge vor einem Blackout", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Etwa zwei Drittel der deutschen Brauereien sind nach Angaben des Verbandes auf Gas angewiesen.