Brandon Taylor „Real Life“: Dieser Mangel an Weiß
Frankfurter Rundschau
Brandon Taylors Roman „Real Life“ wirft einen unaufgeregten, illusionslosen Blick auf den Rassismus in US-amerikanischen Akademikerkreisen.
Wallace, Doktorand der Biochemie „in einer Stadt im Mittleren Westen“, macht sich keine Illusionen. Er wird „immer ungenügend sein.“ Egal, wie sehr seine Freunde ihn mögen und wie rücksichtsvoll sie angeblich mit ihm umgehen. Denn Wallace ist schwarz. Schwarz, schwul und aus schwierigen Verhältnissen kommend. Ein Underdog unter privilegierten Weißen, die nicht nachvollziehen können, wie es ist, „so auszusehen, wie sonst nur die Hausmeister und Putzkräfte aussehen. Wie es ist, so misstrauisch beäugt zu werden“. Erst recht wollen Weiße nicht hören, dass sie rassistisch denken und handeln. „Als bezweifelten sie, dass man die Wahrheit sagt, als könnten sie an der bloßen Form einer Aussage erkennen, ob sie rassistisch ist oder nicht. Und natürlich vertrauen sie ihrem eigenen Urteilsvermögen bedingungslos.“ Brandon Taylors hochgelobter Debütroman „Real Life“, 2020 für den Booker Prize nominiert, ist eine bittere Abrechnung mit dem weißen Amerika. Rassismus, das weiß der afroamerikanische Autor aus eigener Erfahrung, hat viele Facetten, und er verursacht bei den Betroffenen einen „Schattenschmerz“, der sich nicht weg-atmen lässt wie ein vorübergehendes Engegefühl in der Brust. „Dieser Mangel an Weiß, an Konformität“ macht sie aus ihrer Sicht zu Menschen zweiter Klasse, „denn dieses Defizit kann niemand je überwinden“.More Related News