Bob Dylan: „Springtime in New York“ – Die nackte Haut unter dem Schulterpolster
Frankfurter Rundschau
„Springtime in New York“: Bob Dylan räumt seine Arbeiten aus den frühen Achtzigern auf.
Irgendwann 1984 machte der Dylan-Wanderzirkus wieder einmal Station in Berlin. In der Waldbühne gehörten Weggefährten wie Joan Baez und Carlos Santana mit eigenen Konzertarrangements zum illustren Begleitpersonal, in Dylans Band spielte unter anderen der genialische Stones-Gitarrist Mick Taylor – es war ein kleines Sommerfestival der Poplegenden.
Dylan-Fans gaben sich erleichtert in jenen Tagen, die für sie schlimme Phase religiöser Hingabe schien vorbei. Wie zum Beweis spielte Dylan „Masters Of War“, einen Protestsong aus den frühen Tagen, in einer unglaublich lauten Fassung. Die Anwohnerschaft der Waldbühne hatten damals noch keine Maßnahmen gegen Lärmbelästigung durchgesetzt.
Bald nach dem Konzert nahm Bob Dylan das Album „Empire Burlesque“ auf, das bei der Kritik gnadenlos durchfiel. Dylan war hörbar bis zur Schmerzgrenze bemüht, im Sound der 80er Jahre anzukommen, viele Stücke wirkten überproduziert, Soundballast, der sich anfühlte wie die elastischen Schulterpolster der inflationären Jacketts.