Blitzsuche aus dem Orbit
Frankfurter Rundschau
Der europäische „Lightning Imager“, seit Dezember an Bord eines Meteosat-Satelliten, soll bei der frühzeitigen Vorhersage schwerer Unwetter helfen.
Gelbliche Lichtpunkte flackern über dem Mittelmeer und Skandinavien. Auch über Großbritannien ist einiges los und noch viel mehr am Himmel über Zentralafrika, der blitzreichsten Region der Erde: Vor kurzem haben die europäische Weltraumorganisation Esa und die Europäische Organisation für die Nutzung von Wettersatelliten (Eumetsat) die ersten Animationen des „Lightning Imagers“ veröffentlicht, der sich an Bord eines neuen Meteosat-Satelliten zur Wetterbeobachtung befindet. Dieser ist am 13. Dezember 2022 in den Orbit gestartet und befindet sich gerade in der Phase der Inbetriebnahme, in der die Instrumente kalibriert werden.
Bei dem „Lightning Imager“ handelt es sich um das erste Instrument auf einem Satelliten, das in der Lage ist, Blitze kontinuierlich zu erfassen. Gebaut wurde es vom italienischen Rüstungs-, Informationsssicherheits- und Luft- und Raumfahrtkonzern Leonardo. Laut Esa werde der „Lightning Imager“ die „Erkennung und Vorhersage von schweren Stürmen revolutionieren“. So sollen die Daten dieses „Blitzjägers“ Meteorologinnen und Meteorologen mehr Sicherheit bei der Vorhersage schwerer Unwetter geben, insbesondere in abgelegenen Regionen und auf Ozeanen, wo die Möglichkeiten, Blitze zu erkennen, bislang begrenzt sind.
Daneben soll der „Lightning Imager“ aber auch dem Luftverkehr zugutekommen, wo Blitze ein hohes Risiko für die Bordinstrumente in Flugzeugen darstellen. Die gelieferten Informationen sind zudem von wissenschaftlichem Interesse, sie sollen helfen zu verstehen, wie sich die beobachteten Phänomene auf den Klimawandel auswirken beziehungsweise wie umgekehrt dieser das Blitzaufkommen beeinflusst.
Der „Lightning Imager“ wird rund um die Uhr die Blitzaktivität vom Weltraum aus beobachten. Das Gerät ist in der Lage, permanent schnelle Lichtblitze in der Erdatmosphäre aus einer Entfernung von 36 000 Kilometern aufzuspüren – und das bei Tag und bei Nacht. Zu diesem Zweck wurde das Instrument mit vier Kameras ausgestattet, die Europa, Afrika, den Nahen Osten und Teile von Südamerika abdecken. Jede dieser Kameras kann bis zu tausend Bilder pro Sekunde aufnehmen. Spezielle Algorithmen sollen die Daten an Bord so verarbeiten, dass nur relevante Informationen zur Erde gesendet werden.
Die Animationen, die jetzt erstmals zu bestaunen sind, kommen zustande, indem Blitzmessungen, die der „Lightning Imager“ in der Zeitspanne von einer Minute aufgenommen und erfasst hat, sich zu einer Abfolge von Bildern fügen, die mit einem einzigen Bild der Erde überlagert werden. Bei der Esa ist man begeistert von den Animationen, die das neuartige Instrument geliefert hat: Sie zeigten, dass es in der Lage sei, „die Blitzaktivität über das gesamte Sichtfeld der Kameras, das 84 Prozent der Erdscheibe abdeckt, genau und effektiv zu erfassen“, sagt Simonetta Cheli, Direktorin des Erdbeobachtungsprogramms.