"Bitterstes" Trauma wirkt bei Bayer Leverkusen bis heute
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1997, 1999, 2000, 2002 und ein letztes Mal 2011: Bayer Leverkusen hat rund um die Jahrtausendwende ein Dauerabo auf zweite Plätze, verpasst Titel teils dramatisch. Nun steht der Mythos Vizekusen vor dem Aus: Für die Werkself ist das eine Befreiung, nachdem man "unter einer Lawine begraben" war.
Reiner Calmund traut dem Braten nicht so recht. Das Trauma wirkt auch nach mehr als 20 Jahren noch nach, der frühere Boss von Bayern Leverkusen ist ein gebranntes Kind. "Ich spreche erst von der Meisterschaft, wenn es rechnerisch perfekt ist. Vorher nicht", sagte der 75-Jährige vor dem ersten Titelmatchball seines Herzensvereins: "Das hat natürlich auch mit meiner Vergangenheit zu tun. Das spielt sich automatisch ab, da habe ich Respekt."
Er sei noch ein Vertreter der Generation "Vizekusen", führte Calmund aus: "Ich habe so viele Vize-Meisterschaften erlebt, das geht nicht aus dem Kopf. Deswegen mache ich das nicht." Mit einem Sieg gegen Werder Bremen am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) würde Bayer die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte perfekt machen, danach gäbe es noch fünf weitere Chancen. Bei einer Pleite des FC Bayern am Nachmittag gegen den FC Köln (15.30 Uhr/ Sky) und des VfB Stuttgarts gegen Eintracht Frankfurt (18.30 Uhr Sky/alle im Liveticker auf ntv.de) wäre der Titel sogar schon auf dem Sofa perfekt gemacht. Das Ende vom schier unüberwindbaren Mythos "Vizekusen" scheint eine Frage der Zeit - es winkt die Befreiung.
"Keiner wird mehr Vizekusen sagen", sagte Rudi Völler bei einem Telekom-Termin in Bonn: "Der Begriff ist mir ein bisschen auf den Keks gegangen." Der Fluch wäre "damit beendet", sagte auch Christoph Daum: "Wenn ein solcher Ausdruck wie Vizekusen permanent wiederholt wird, dann wird ja damit fast suggeriert, du kannst nicht Meister werden. Aber jetzt siehst du: Selbst Vizekusen kann Meister werden." Die Bayer AG hatte sich als Muttergesellschaft des Vereins den Begriff "Vizekusen" im Jahr 2010 gar als geschütztes Markenrecht eintragen lassen. Zu viel war rund um die Jahrtausendwende passiert.
Alles ist angerichtet für Werder Bremen. Weil der FSV Mainz 05 überraschend bei Union Berlin unterliegt, könnte der Altmeister mit einem Sieg gegen Augsburg auf einen Europapokalrang springen. Das klingt machbar, denken die Fans am Weserstrand. Doch Samuel Essende überrumpelt die Elf von Trainer Werner.