
Bitter: Robert Lewandowski ist wieder nur das "Weltfußballerchen"
RTL
Robert Lewandowski ist erneut der beste Fußballer dieses Planeten. Das ist höchst verdient für den 33-Jährigen, allerdings auch nur ein schwacher Trost.
Herzlichen Glückwunsch: Robert Lewandowski ist erneut der beste Fußballer dieses Planeten. Der Stürmer des FC Bayern München verteidigt seinen Titel bei der Fifa-Wahl. Das ist höchst verdient für den 33-Jährigen, allerdings auch nur ein schwacher Trost. Denn die prestigeträchtigere Ehre bleibt ihm weiter verwehrt.
Womöglich ist die Auszeichnung "The Best" die hochwertigste, die der Weltfußball zu bieten hat. An der Wahl der Fifa sind die Nationaltrainer, die jeweiligen Kapitäne der Länderteams, Journalisten und auch Fans beteiligt. Die Zusammensetzung dieser Jury ermöglicht eine breite Grundlage der Bewertung. Doch was nützt das alles, wenn der andere Preis, der Ballon d'Or, höher angesehen ist - obwohl bei dieser Weltfußballerwahl lediglich Journalisten das Urteil fällen? Wohl kaum jemand weiß das besser als Robert Lewandowski, der "The Best" des Zeitraums vom 8. Oktober 2020 bis zum 6. August 2021.
Zum zweiten Mal darf sich der Stürmer des FC Bayern darüber freuen, dass er zum besten Fußballer der Welt ausgerufen wurde. Aber zum zweiten Mal ist er in der Hierarchie der Wahlen nur der kleine Prinz. Der ewig wartende Thronfolger im Schatten von König Lionel (Messi), der den Ballon d'Or vor ein paar Wochen wieder gewonnen hatte. Nicht mehr, weil er die Welt mit seiner Messihaftigkeit faszinierte, sondern weil er auf den letzten Metern seiner Karriere tatsächlich noch einen großen Titel mit Argentinien, die Copa America, gewonnen hatte. Es war der Triumph, der Messis Meisterwerk vollendet hatte. Deswegen war das Ergebnis übrigens auch keine Frechheit, wie manch einer befand.
Frech ist schon eher das Voting des Argentiniers nun bei "The Best". Er ignorierte Lewandowski einfach, stellte stattdessen seine Pariser Teamkollegen Neymar und Kylian Mbappé auf die Plätze eins und zwei und schließlich Karim Benzema von Real Madrid auf Rang drei. Keine völlig weltfremde Auswahl, aber eine mit einem kleinen Beigeschmack und einem ordentlichen, bewussten Hieb gegen Lewandowski, den er beim Ballon d'Or in der Rolle des Triumphators mit tröstenden Worten umschmeichelt hatte. Der Bayern-Star übrigens wählte Messi auf Rang zwei, hinter dem Europameister Jorginho. So etwas nennt man wohl Fairness und Größe.
Es ist landauf, landab völlig unstrittig, dass Lewandowski auch den prestigeträchtigeren Titel verdient gehabt hätte. Ebenso wie er jetzt völlig unstrittig für seine Auftritte in diesem etwas seltsam definierten Zeitraum ausgezeichnet worden ist. Denn in dieses Fenster fällt die historische Leistung, den eigentlich für die Ewigkeit erschaffenen Torrekord des legendären Gerd Müller zu sprengen.
An diesem phänomenalen Mittelstürmer, über dessen Einzigartigkeit und spektakuläre Wandlung von der schnell mal frustrierten, fußballerischen Ich-AG zum beherrschten Teamplayer alles bestens durchleuchtet ist, lag es auch nicht, dass er beim Ballon d'Or im November leer ausgegangen war. Zum wiederholten Male. Der letzte Makel in seiner außergewöhnlichen und außergewöhnlich erfolgreichen Karriere. Tatsächlich dürfte die eher überraschende Titelarmut seines Klubs das Pendel von ihm wegbewegt haben. Der FC Bayern hatte lediglich die Meisterschaft geholt, war im DFB-Pokal in Runde zwei sensationell an Holstein Kiel und in der Champions League im Viertelfinale an Paris St. Germain gescheitert. Hinzu kommt, dass die Bundesliga in der Wahrnehmung der internationalen Beobachter längst nicht die Strahlkraft wie Spaniens La Liga oder die Premier League hat.
Die Fußball stürmende PerfektionDass er nun erneut "The Best" geworden ist, ist höchst verdient. Denn kein Fußballer war besser als Lewandowski. Das Gesamtpaket aus Toren, aus Vorlagen, aus Unverzichtbarkeit für sein Team bietet seit zwei Jahren nicht mehr perfekter als er. Während der Pole mit jedem Jahr noch ein wenig besser, noch ein wenig kompletter zu werden scheint, verlieren die prägenden Ikonen der vergangenen 15 Jahre, verlieren Lionel Messi und Cristiano Ronaldo zunehmend und rasant an Kraft und Glanz. Weil beim Ballon d'Or, dem älteren der Wettbewerbe, aber auch das Lebenswerk ein wenig in das Urteil reingrätscht, bleibt Lewandowski die prestigeträchtigste Einzelehre im Weltfußball versagt. Noch.
Aber wie viele Chancen hat der Münchner noch? Eine? Vielleicht zwei? Vielmehr sicher nicht. Zwar ist der 33-Jährige brutal fit, aber er ist eben auch schon 33. Niemand kann sagen, wie lange er noch so stark und gesund durch seine Karriere kommt. Und niemand weiß, wie lange er noch beim FC Bayern spielt. Der Rekordmeister kann sich noch viele gemeinsame Jahre vorstellen, träumt allerdings auch von Borussia Dortmunds Wuchtphänomen Erling Haaland, so einem Mann, der ganz sicher auch mal den Ballon d'Or gewinnen kann. Vielleicht noch nicht nächstes Jahr, aber womöglich im Jahr danach?