Berliner Kinderarzt warnt vor einem „enormen Anstieg“ von Grippefällen
RTL
Dr. Martin Karsten beobachtet in seiner Praxis so viele Grippefälle wie noch nie zu dieser Jahreszeit und klagt, dass zu wenig auf Influenza getestet wird.
Der Berliner Kinderarzt Dr. Martin Karsten beobachtet in seiner Praxis so viele Grippefälle wie noch nie zu dieser Jahreszeit und wundert sich im RTL-Interview, dass andere Ärzte viel zu wenig auf die klassische Grippe testen.
Die Corona-Zahlen in Berlin sind im bundesweiten Durchschnitt die niedrigsten. Doch beim Kinderarzt Dr. Martin Karsten sorgt das in seiner Praxis nicht etwa für Entspannung: "Was wir vor allem auch beobachten, ist, dass die echte Grippe, die Influenza, also die Grippe, gegen die auch sonst geimpft werden kann, ganz untypisch jetzt nach Ostern einen enormen Anstieg zeigt", sagt der Mediziner.
Der Grund: Durch Maskenpflicht, Hygieneregeln und Abstandhalten ist die Grippesaison in den typischen Monaten Januar, Februar und März praktisch ausgefallen. Doch jetzt wo gelockert wurde, breitet sich die klassische Grippe bei Kindern aus. "Die Kinder sind jetzt deutlich kränker, als die Kinder, die wir seiner Zeit bei Corona hatten: 40 Grad Fieber an bis zu fünf, sechs Tagen, Gliederschmerzen, Kopfschmerzen und eben auch respiratorische Symptome wie Husten oder Schnupfen", sagt Dr. Martin Karsten.
Die bislang veröffentlichten Zahlen zu Grippeinfektionen bestätigen den Eindruck nicht. Das Robert-Koch-Institut schreibt im Bezug auf die gemeldeten Grippefälle der vergangenen Woche: "Eine Grippewelle auf Bevölkerungsebene hat bisher nicht begonnen." Doch das liegt laut Dr. Karsten daran, dass viel zu wenig Ärzte auf die Grippe testen: "Wenn jetzt alle sagen, dass es ein Untertesten von Corona gibt, dann muss man sagen, es gibt ein völliges Unter-, Unter-, Untertesten von Influenza", sagt der Kinderarzt.
Dabei ist die Diagnose wichtig für die richtige Behandlung, weil beispielsweise Antibiotika bei der viralen Grippe nicht wirken. Dr. Karsten ruft Eltern deshalb dazu auf, Kinder, die länger als zwei bis drei Tage plötzlich hohes Fieber oder andere Symptome, wie starken Husten oder Kopfschmerzen, haben, zum Arzt zu bringen und auch auf Grippe testen zu lassen.
Wirklich gefährlich für Kinder ist die Grippe nicht. Doch der Kinderarzt warnt davor, was passiert, wenn sich die Grippe in der ganzen Bevölkerung verbreitet. Ohnehin sind, wie auch bei Corona, besonders ältere Menschen gefährdet. Und deren Schutz könnte durch die späte Grippesaison geschwächt sein: "Man wird sehen, ob die Grippeimpfung, die letztes Jahr im November, Dezember gemacht wurde, jetzt noch ausreichend wirkt. Man kann das schwer vorhersagen, weil man diesen Fall ja noch nicht hatte."
Immerhin: Auch hier könnte das Wetter helfen. Weil sich das Leben in den wärmeren Monaten zunehmend nach draußen verlagert, könnte die Ausbreitung Grippeviren einschränkt werden.