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Berg-Karabach: Der Kampf ist noch lange nicht vorbei
Frankfurter Rundschau
Für die Menschen aus Berg-Karabach gibt es auch ein Jahr nach Eintritt der Waffenruhe keine Chance, nach Hause zurückzukehren. Dieses Leben im Ungewissen quält sie weiter. Eine Reportage.
Insgesamt 184 Erwachsene und Kinder. Sie alle haben in einem Gebäude des Sportkomplexes in Tsaghkadzor 50 Kilometer nordöstlich der armenischen Hauptstadt Eriwan ein Dach über dem Kopf gefunden, nachdem sie vor einem Jahr vor dem Krieg in Berg-Karabach fliehen mussten. Die Unterkunft liegt etwas abseits des Dorfes, fast am Ende einer Ausfallstraße und deshalb relativ isoliert.
In einem früheren Pool der Anlage wachsen schon Bäume meterhoch in den Himmel, an einer Hauswand prangt ein Kunstwerk mit einem Sportler aus der Sowjetzeit. Neben dem Eingang des vom Sportlerheim zur Flüchtlingsunterkunft umfunktionierten Gebäudes ragen an diesem sonnigen Spätherbsttag die letzten Kohlköpfe aus dem Boden: Die Flüchtlinge haben einen Teil des Bodens hier zur Selbstversorgung umgenutzt.
Auch der 50-jährige Artur Babayan und seine Familie wohnen derzeit hier im großen Gebäude mit den langen, leeren Korridoren, in einer der oberen Etagen. „Natürlich wussten wir, dass es einen neuen Krieg geben wird. Wir erwarteten aber nicht einen Krieg in diesem Ausmaß“, so Babayan. Die Familie lebte im Dorf Aknaghbyur bei Hadrut in Gebiet Berg-Karabach und wurde am 6. Oktober vor der vorrückenden aserbaidschanischen Armee evakuiert. Artur Babayan, der wegen Nachwirkungen von Kriegsverletzungen aus dem ersten Karabachkrieg in den 1990er Jahren an einem Stock geht, hoffte, dass die Kampfhandlungen ähnlich wie 2012 und 2016 nur einige Tage dauern würden.