Belgier hört Funksprüche ab: „Kein Zeichen für eine gute Moral“
Frankfurter Rundschau
Funksprüche russischer Streitkräfte im Ukraine-Krieg zeigen wachsenden Unmut auf Seiten der russischen Armee. Gerüchte über desertierende Soldaten kursieren.
Update vom Freitag, 11.03.2022, 09.37 Uhr: Der Unmut innerhalb der russischen Armee scheint mehr und mehr zu wachsen. „Es gab Momente, in denen wir sie (die russischen Soldaten) im Kampf weinen hörten, Momente, in denen sie sich gegenseitig beschimpften – kein Zeichen für eine gute Moral“, berichtet Samuel Cardillo dem britischen „Telegraph“. Zuerst berichtete der Focus über den Belgier, der mit seinem Unternehmen ShadowBreak russische Funksprüche von der Front sammelt und sie übersetzen lässt.
„Was wir herausgefunden haben, ist, dass die russischen Soldaten in völliger Verwirrung operieren“, sagt Cardillo. „Sie haben keine Ahnung, wohin sie gehen und wie sie richtig miteinander kommunizieren können.“ Die russischen Truppen hätten laut den Funksprüchen Schwierigkeiten, die Kommunikation aufrechtzuerhalten. Sie verbrächten oft 20 Minuten damit, einen Soundcheck durchzuführen, was das Abhören der russischen Soldaten im Ukraine-Krieg leicht mache, erklärt Cardillo.
Update vom Donnerstag, 10.03.2022, 12.00 Uhr: Seit dem Einmarsch des russischen Militärs in die Ukraine sind inzwischen zwei Wochen vergangen. Zwei Wochen voller Leid und Verlust – nicht nur auf ukrainischer Seite. Je länger der Angriffskrieg andauert, desto mehr scheint die Kriegsmoral der russischen Soldaten abzunehmen. Zweifel machen sich breit. Das geht aus Aufzeichnungen der russischen Militärkommunikation des britischen Nachrichtendienstes ShadowBreak Intl. hervor. Unter anderem sind weinende und schimpfende russischen Soldaten im Ukraine-Krieg* zu hören.
Dass es überhaupt möglich ist, die Gespräche der Soldaten abzuhören und aufzuzeichnen, liegt an der verhältnismäßig schlechten Ausstattung der russischen Truppen. Wie das US-Verteidigungsministerium bereits feststellte, gebe es „Treibstoff- und Logistikengpässe“. Es gibt immer mehr Berichte darüber, dass die russischen Truppen nicht über digitale Militär-Funkgeräte kommunizieren, sondern über einfache Walkie-Talkies. So ist es jedem möglich, die Gespräche der Soldaten über die entsprechenden Sequenzen abzuhören.
Wie aus den Aufnahmen, die Shadowbreak Intl. zu Teilen auf Twitter postete, hervorgeht, schwindet die Moral unter den russischen Truppen. Auch wer kein Russisch versteht, kann heraushören, dass der Umgangston zwischen den russischen Soldaten sehr rau und die Stimmung angespannt ist, auch dass ein Soldat weint, ist für Nicht-Russen zu erkennen. Der Nachrichtendienst selbst hat zahlreiche der Gespräche analysiert und fand heraus, dass es der russischen Armee an Material fehlt, beispielsweise an Karten zur Orientierung. Dadurch macht sich Chaos breit: „Was wir herausgefunden haben, ist, dass die russischen Soldaten in völliger Unordnung operieren“, so Samuel Cardillo, Geschäftsführer von ShadowBreak Intl. „Sie wissen nicht, wohin sie gehen und wie sie richtig miteinander kommunizieren können.“