Bürgermeister von Verdacht des Geheimnisverrats freigesprochen
Frankfurter Rundschau
Jahre nach einer Verurteilung im Babenhäuser Doppelmord äußert Patrick Koch Zweifel an den Ermittlungen. Jetzt hat das Amtsgericht Dieburg ihn vom Vorwurf der Verletzung des Dienstgeheimnisses freigesprochen. Doch damit ist er Fall nicht erledigt.
Unter großem Andrang von Medien und Zuschauern, die vor dem Amtsgericht Dieburg am Dienstagmorgen Schlange standen und wegen Corona-Beschränkungen größtenteils nicht eingelassen wurden, ist der Pfungstädter Bürgermeister Patrick Koch (SPD) vom Vorwurf der Verletzung des Dienstgeheimnisses freigesprochen worden. Koch zeigte sich nach dem Prozess „erleichtert, aber auch beunruhigt“– es sei noch nicht vorbei, sagte er.
Nach Auffassung des Gerichts war entscheidend, dass keine unmittelbare Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen vorgelegen habe, sagte Gerichtssprecher Leif Kindinger der Frankfurter Rundschau. Das Verfahren um den 2009 stattgefundenen Babenhäuser Doppelmord sei rechtskräftig. Auch eine mittelbare Gefährdung habe nicht vorgelegen, da keine „Erschütterung breiter Bevölkerungsteile im Vertrauen in die Staatsgewalt bestehen“ würde.
Koch, der zeitweise als Kriminalkommissar in die Ermittlungen um den Doppelmord involviert gewesen war, hatte vergangenes Jahr eine E-Mail an den Anwalt des Verurteilten geschrieben. Darin äußerte er unter anderem den Verdacht einer Vorverurteilung durch den damaligen Polizeipräsidenten. Man habe sich viel zu schnell auf den später Verurteilten als Täter festgelegt. Dies habe „die ganzen Jahre an ihm genagt“, sagte sein Anwalt. Koch selbst soll laut Beobachtern in der Verhandlung gesagt haben: „Habe ich mich möglicherweise an einem Justizirrtum schuldig gemacht?“ Die Staatsanwaltschaft hatte für die mutmaßliche Weitergabe von Interna aus den Ermittlungen eine Strafe von 90 Tagessätzen à 150 Euro gefordert. Der Staatsanwalt kündigte an, Rechtsmittel einzulegen, da er den Freispruch Kochs „nicht für richtig“ halte.