Auf den perfekten Boom folgte der große Crash – und der deutsche Sozialstaat
Die Welt
Nach Gründung des Deutschen Reiches 1871 folgte ein Börsenboom, der Firmen wie Schering, Hoesch und Continental hervorbrachte – sowie Deutsche Bank und Commerzbank groß machte. Doch die Euphorie endete im Chaos – mit Folgen, die bis heute zu spüren sind.
Ihr ganzer Besitz bestand aus ein paar Droschken. Damit fuhren Ernst und Wilhelm Besckow die Berliner seit einigen Jahren durch die Stadt und lebten wohl mehr schlecht als recht davon. Bis zum Juni 1872. Denn da machten ihnen Investoren ein Angebot, das sie nicht ausschlagen konnten: Sie kauften ihnen ihr Unternehmen zu einem weit überhöhten Preis ab, wandelten es in eine Aktiengesellschaft um, nannten diese „Central-Bazar für Fuhrwesen“ und brachten sie an die Börse. Erlös: 550.000 Taler, umgerechnet rund 1,65 Millionen Mark.
Es war eine der vielen unglaublichen Geschichten jener Zeit. Diese hatte mit der Gründung des Deutschen Kaiserreiches begonnen, am 18. Januar 1871, vor 150 Jahren. Damals wurde das neue Reich von einer Gründungswelle erfasst, die sogenannte Gründerzeit nahm ihren Anfang. Deren erste Phase war ein Börsenboom, der irre Übertreibungen hervorbrachte – und natürlich unweigerlich in einem großen Crash endete. Wie nach jedem Börsencrash waren die Folgen drastisch, einige davon sind sogar bis heute zu spüren.