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Arbeitszeit: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
DW
Die Stechuhr aus der Wirtschaftswunderzeit hat schon lange ausgedient Homeoffice wird schon oft genutzt. Aber was gilt als bezahlte Arbeit? Wer kontrolliert das? Arbeitsminister Heil muss diese Fragen nun beantworten.
Die Mühlen in Berlin, vor allem jene, die sich im Regierungsviertel drehen, mahlen in ihrem ganz eigenen Tempo. Bereits vor dem letzten Weihnachtsfest hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) versprochen, er wolle zur Arbeitszeiterfassung "zeitnah einen Vorschlag vorlegen." Das war vor vier Monaten.
Der Rheinischen Post hatte der Minister am 15. Dezember gesagt: "Wir werden praxistaugliche Lösungen vorlegen." Dabei hatte er den Forderungen der Arbeitgeber, die generelle Abschaffung des Achtstunden-Arbeitstages festzuschreiben, bereits eine Absage erteilt: "Arbeitszeitgesetze dienen dem gesundheitlichen Schutz der Beschäftigten. Deshalb kann Arbeitszeitpolitik nicht Wünsch-Dir-was-vor-Weihnachten von Interessengruppen sein", so der Minister.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte bereits im September angemahnt, dass die Arbeitszeiten in jedem deutschen Betrieb transparent und nachprüfbar aufgezeichnet werden müssen. In seiner Urteilsbegründung hatte das Gericht gefordert, dass Arbeitgeber künftig ein "objektives, verlässliches und zugängliches System" einführen müssen, "mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann". Das Gericht bezog sich dabei auf ein Urteil zur Arbeitszeiterfassung des Europäischen Gerichtshofes EuGH. Und das stammt aus dem Jahr 2019.
Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichte, Inken Gallner, will bei der Einführung konkreter Bestimmungen zur Arbeitszeiterfassung in Unternehmen die Politik in der Pflicht nehmen: "Solange der Gesetzgeber das noch nicht geregelt hat, können die Tarifparteien selbst Regelungen vereinbaren", sagte Gallner auf der Jahres-Pressekonferenz des Bundesarbeitsgerichts (BAG) im Februar. "Das Ob ist entschieden. Das Wie der Arbeitszeiterfassung liegt in den gestaltenden Händen des Gesetzgebers."
Der verpflichtenden Arbeitszeiterfassung stehe die in vielen Betrieben praktizierten "Vertrauensarbeit" nicht entgegen, bei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Zustimmung des Arbeitgebers zeitlich flexibel ihrer Arbeit nachgehen können. "Allerdings müssen dabei die gesetzliche Ruhezeit eines Arbeitnehmers von elf Stunden innerhalb von 24 Stunden eingehalten werden", betonte die Präsidentin. Auch dürfe die zulässige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden.