
Anmutige Wesen, aber nicht aus Porzellan
Frankfurter Rundschau
Berlins Gemäldegalerie erinnert an die Berliner Rokoko-Malerin Anna Dorothea Therbusch.
Sie war die Ausnahme von der Regel. Als sie von sich reden machte, dauerte es hierzulande noch fast zwei Jahrhunderte, bis Frauen in der Weimarer Republik offiziell in der Kunst eine Rolle spielten und an staatlichen Akademien studieren durften. Anna Dorothea Therbusch (1721–1782) fand schon Mitte des 18. Jahrhunderts einen Weg. In Künstler- und Intellektuellenkreisen von Berlin und Paris rühmte man ihren „durchdringenden Verstand und ihre außerordentliche Wissbegierde“. Ihretwegen ging es am 23. Juli 2021 auf der Museumsinsel laut zu. Eine Berliner Künstlerinnen-Initiative feierte hier wortstark Therbuschs 300. Geburtstag (FR v. 23. Juli). Als freischaffende Künstlerin und Mutter von fünf Kindern war sie eine Ausnahmeerscheinung in Preußen. Selbstredend hatte die Museumsinsel-Aktion einen feministischen Anspruch, der auf die im 21. Jahrhundert noch immer deutlich unterrepräsentierte Rolle von Frauen im Kunst-Geschehen verweist. Vor allem aber erinnerten die demonstrierenden Frauen daran, dass es Zeit sei, den Therbusch-Gemälden einen würdigen Auftritt zu verschaffen.
Berlins Gemäldegalerie, deren neue Direktorin Dagmar Hirschfelder sowie die junge Kuratorin Nuria Jetter sind dem nachgekommen. In zwei Räumen der Gemäldegalerie am Kulturforum sind jetzt Therbuschs in Berliner Sammlungen befindliche Gemälde zu sehen. Der kleine, feine Auftritt ihrer zwölf Bilder zwischen „bewegtem“ Rokoko und konzentriertem Realismus zeigt lebensnahe Porträts, Selbstporträts, Stillleben und Historien-Motive – mit erotisch nuancierten Frauenakten. Das Ganze in lockerer, für damals geradezu kühn zupackender Malweise und experimentierfreudigem Umgang mit Farbe. Dazu korrespondieren Bilder von Pariser und Berliner Malern ihrer Zeit sowie Motive von Malerinnen wie Elisabeth Vigeé-Lebrun oder Angelica Kauffmann.
Den Aktivistinnen schwebte ein größerer, repräsentativerer Auftritt vor, mit mehr Aplomb und schon zum Jubiläum selbst. Sie werfen den Staatlichen Museen Halbherzigkeit vor. Jetzt im Winter stellt allerdings ein größerer Leihgaben-Aufwand samt der Versicherungskosten und Transporte ein Risiko dar. Und so ist die bescheidenere Schau zumindest ein wichtiger Schritt, diese Malerin in den Blickpunkt zu rücken.