Ampel-Koalition: Mit oder ohne Fahne
Frankfurter Rundschau
Es wird für die Demokratie zentral, wie die neue Regierung mit der politischen Ödnis in der Fläche umgeht.
Berlin - Es ist ein Dorf wie viele im Osten. Eingezwängt zwischen riesigen Feldern, Gemeinschaftseinrichtungen Fehlanzeige. Ein paar Pendler, viele Alte, wenig an Blumengärten rund um die frisch (oft zu grell) gestrichenen Häuschen. Und dann dieses merkwürdige Nebeneinander.
Vor einem der Häuser steht ein Mast. Eine der wechselnden hauseigenen Fahnen, schwarz-rot-gold natürlich. Allerdings, man sieht es nur bei Wind: mit DDR-Emblem. Direkt gegenüber an der Laterne monatelang unbehelligt ein NPD-Plakat, Text Marke „Zum Kampf bereit“. Mag sein, dass eines mit dem anderen zu tun hat, dass die NPD die dörfliche DDR provozieren will oder Ostalgiker anhaltend die Rechten gut finden.
Es passiert ja viel unmöglich Geglaubtes. Alarmsignal war spätestens die Herbstwahl mit der AfD flächendeckend als zweitstärkster oder stärkster Kraft. Es verquicken sich da auf diffuse Weise patriarchalisches und veränderungsfeindliches Denken, Fremdenfeindlichkeit und Verlassenheitsgefühl, Heimattümmelei und Nationalismus, Antriebsschwäche und Denkzettelmentalität. Inzwischen vielfach Trotz und Aggressivität, wie die Übergriffe bei den montäglichen Corona-Protesten zeigen.