Ampel-Koalition drückt sich um Verantwortung: Zu wenig gegen Corona
Frankfurter Rundschau
Wer auf harte Corona-Ansagen gehofft hat, ist enttäuscht. Olaf Scholz und seine künftige Ampel-Regierung arbeiten an der eigenen Demontage. Der Leitartikel.
Was ist politische Klugheit? Ein situationsbezogener Gebrauch der Vernunft, sagt die Philosophin Olivia Mitscherlich-Schönherr. „Klug ist, unter den Handlungsalternativen, die sich hier und jetzt bieten, die beste Handlungsoption zu verstehen und mit geeigneten Mitteln umzusetzen.“
Wer diesen Maßstab zugrunde legt, schaut irritiert und verdrossen auf die Politik der vergangenen Wochen. Sowohl die alten als auch die neuen Entscheider:innen haben auf den Gebrauch der situationsbezogenen Vernunft offenbar gänzlich verzichtet. Krisenmanagement? Wo denn? Weder wissenschaftliche Expertise noch empirische Evidenz oder der zunehmende Vertrauensverlust in der Bevölkerung haben den Politiker:innen hierzulande Beine gemacht. Die haben gezaudert, gezögert, gewartet, sich stellenweise regelrecht tot gestellt. Während Menschen weiter tatsächlich an Corona sterben.
Und was kommt nun? Wer nach der gestrigen die Bund-Länder-Konferenz zur Corona-Lage auf einen Maßnahmenkatalog gehofft hat, bleibt ernüchtert zurück. Es gibt... Ankündigungen. Zur Impfpflicht. Und dass es schon am morgigen Donnerstag weitergehen soll mit Beratungen. Die pandemische Notlage aber wollen die Ampel-Parteien nicht wieder einsetzen. Nur über eine Öffnungsklausel sollen die Länder die Möglichkeit haben, schärfere Maßnahmen durchzusetzen. Eine „angemessene“ Erweiterung des Instrumentenkastens nennt das der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz. Eher ist es wohl eine Beruhigungspille für die nervösen Ministerpräsident:innen.