Amnesty wirft Israel Apartheid vor - Israel weist Kritik zurück
DW
Palästinenser würden in den besetzten Gebieten und in Israel selbst als "minderwertige" Bürger behandelt, erklärt Amnesty International in einem Bericht. Die israelische Regierung ist empört.
"Ob sie im Gazastreifen, in Ostjerusalem oder im restlichen Westjordanland oder in Israel selbst leben: Die Palästinenser werden als minderwertige ethnische Gruppe behandelt und systematisch ihrer Rechte beraubt", erklärte Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard anlässlich der Veröffentlichung eines Berichts in London. Die "grausame Politik der Segregation, Enteignung und Ausgrenzung Israels in allen Gebieten unter seiner Kontrolle" komme einem System der "Apartheid" gleich. Unter Apartheid versteht man die Doktrin der Trennung einzelner ethnischer Bevölkerungsgruppen, sie wurde vor allem bis 1994 in Südafrika praktiziert.
Konkret wirft der Bericht Israel vor, durch Land- und Eigentumsbeschlagnahmungen, rechtswidrige Tötungen, Zwangsumsiedlungen, Bewegungseinschränkungen sowie die Verweigerung der Staatsbürgerschaft für Palästinenser ein System geschaffen zu haben, "das nach internationalem Recht einer Apartheid gleichkommt". Der israelische Staat müsse dafür zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Menschenrechtsorganisation mit Hauptsitz in London rief den Internationalen Strafgerichtshof auf, den Tatbestand der Apartheid bei Ermittlungen zu berücksichtigen. Zudem forderte Amnesty den UN-Sicherheitsrat auf, ein Waffenembargo gegen Israel sowie Sanktionen zu verhängen.
Amnesty verwende den Apartheidsbegriff in seinem völkerrechtlichen Sinne, betonte die Menschenrechtsorganisation. Eine Gleichsetzung der Situation der Palästinenser mit jener von Schwarzen im damaligen Apartheidstaat Südafrika sei damit nicht gemeint. Auch innerhalb Israels und der Palästinensergebiete gebe es Unterschiede, räumte Callamard ein. So erlebten arabische Israelis "die Apartheid auf andere Weise" als etwa ein im Gazastreifen lebender Palästinenser, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Das "Regime der Apartheid" bestehe aber hier wie dort. 20 Prozent der Einwohner Israels sind Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft.
Israel und jüdische Verbände übten scharfe Kritik an dem Bericht. Außenminister Yair Lapid sagte, der Bericht sei "losgelöst von der Realität". Amnesty gründe seine Einstufung auf "von Terrororganisationen verbreitete Lügen". Die Organisation verneine Israels Existenzrecht als Nationalstaat des jüdischen Volkes und bediene sich "doppelter Standards und einer Dämonisierung, um Israel zu delegitimieren". Es gebe keine Vorwürfe dieser Art gegen Syrien, den Iran oder korrupte und mörderische Führungen in Afrika oder Lateinamerika, erklärte das Außenministerium weiter. Israel als jüdischer Staat werde dagegen zur Zielscheibe. Israel sei "nicht perfekt, aber es ist eine Demokratie, die dem Völkerrecht verpflichtet ist und sich der Überprüfung dessen stellt".