Amnesty wirft Israel Apartheid vor
Süddeutsche Zeitung
Wegen "systematischer Unterdrückung" der Palästinenser fordert die Menschenrechtsorganisation Sanktionen gegen den jüdischen Staat. Israels Regierung weist die Vorwürfe als "Lügen" und "puren Antisemitismus" zurück.
Ein "grausames System" der Apartheid im Umgang mit Palästinensern - diesen Vorwurf erhebt Amnesty International gegen Israel. In einem am Dienstag in Jerusalem vorgestellten Bericht spricht die in London ansässige Menschenrechtsorganisation von einer systematischen "Unterdrückung und Beherrschung", der alle Palästinenser unterworfen seien - egal, ob sie in den seit 1967 von Israel besetzten Gebieten wohnen, ob sie als israelische Staatsbürger zur arabischen Minderheit in Israel selbst gehören oder ob sie als palästinensische Flüchtlinge in andern Staaten leben.
Aus dem Apartheid-Vorwurf leitet Amnesty weitreichende Forderungen nach Sanktionen ab. Israels Regierung reagierte empört. Sie sieht in dem Bericht eine "Ansammlung von Lügen" und "puren Antisemitismus".
Der Vorwurf der Apartheid gegen Israel ist nicht neu. Die Palästinenser erheben ihn schon seit Jahrzehnten. In den vergangenen Jahren ist er immer stärker zum Kampfbegriff in der internationalen Debatte geworden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte im vorigen April bereits einen vergleichbaren Bericht vorgelegt, im dem Israel Apartheid vorgeworfen wurde. Auch die linke israelische Menschenrechtsorganisation B'Tselem hat sich dem angeschlossen.
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Nun folgt Amnesty mit seiner Reputation als Friedensnobelpreisträger anno 1977. Vor einigen Jahren hatte die Organisation den Begriff ebenfalls benutzt im Zusammenhang mit der Verfolgung der Rohingya durch die Regierung in Myanmar. Dabei bezieht sie sich bei der Definition von Apartheid nicht auf den historischen Vergleich zum Apartheidsregime in Südafrika, sondern auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998, das Apartheidsverbrechen allgemein als rassistisch motiviertes System der Unterdrückung in das Völkerstrafrecht aufgenommen hat.