
Alternative zu Antibiotika bei Blasenentzündung – Forschungsteam entwickelt Schnelltest und Therapie
Frankfurter Rundschau
Forschende aus der Schweiz haben auf der Basis von Bakteriophagen einen Schnelltest und eine Therapie bei Harnwegsinfekten entwickelt. Klinische Studien sollen folgen.
Zürich – Es gibt wohl nur wenige Frauen, die es nicht kennen: das Gefühl, ständig zur Toilette zu müssen, dann aber kommt nur wenig und das unter Brennen. Schlimmstenfalls gesellen sich noch krampfartige Schmerzen dazu. Blasenentzündungen zählen zu den häufigsten bakteriellen Infektionen überhaupt. Meist sind sie zwar unangenehm, aber eher harmlos, zumindest bei Frauen, die weitaus häufiger betroffen sind als Männer.
Oft werden dagegen Antibiotika verschrieben, auch wenn es nicht immer nötig ist. Aber die Beschwerden gehen so eben meist schnell weg – vorausgesetzt, das Mittel wirkt gegen die auslösenden Bakterien. Wegen zunehmender Resistenzen ist das allerdings längst nicht mehr gewährleistet. Zusätzlich verschärft wird dieses Problem dadurch, dass häufig Breitband-Antibiotika verschrieben werden, weil es auf die Schnelle nicht möglich ist, den „Übeltäter“ zu bestimmen. Eine entsprechende Diagnostik würde Tage in Anspruch nehmen.
Forschende der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) sehen in Bakteriophagen eine mögliche Alternative zu Antibiotika bei Harnwegsinfekten. Sie haben in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Balgrist in Zürich einen Schnelltest auf dieser Basis entwickelt – und auch bereits einen Therapieansatz, für den Bakteriophagen genetisch modifiziert wurden, um die Bakterien effizienter zu zerstören.
Phagen, so die Kurzform, sind hoch spezialisierte Viren, die Bakterien befallen und sie zerstören – und zwar immer nur bestimmte Stämme. „Bakterienfresser“ werden sie deshalb auch genannt. Phagen und ihre Wirkung kennt man bereits seit mehr als 100 Jahren, doch der Siegeszug der Antibiotika verdrängte Ansätze, sie gegen Bakterien einzusetzen.
Erst kürzlich hatte das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag empfohlen, die Forschung zu Phagen zu intensivieren und weniger starr als bisher zu regulieren. In der EU und Deutschland ist bislang kein Medikament zugelassen, das auf Phagen basiert, sie dürfen derzeit nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden, etwa als individueller Heilversuch, wenn andere Mittel nicht mehr greifen.