Als wäre "Tod auf dem Nil" der neue James Bond
Süddeutsche Zeitung
Kenneth Branaghs letzte Agatha-Christie-Verfilmung war ein atemberaubend gutes Geschäft. Nun kommt eine zweite in die Kinos - und auf ihr lasten hohe Erwartungen. Warum sind Christies Geschichten und Figuren immer noch so beliebt?
Es ist erstaunlich, dass Kenneth Branagh, einer der größten Shakespeare-Interpreten, als Regisseur und Hauptdarsteller den belgischen Detektiv Hercule Poirot für die Leinwand wiedererfindet. Zum einen ist Hercule seit nunmehr 102 Jahren im Dienst. Man könnte meinen, Monsieur sei vielleicht ein wenig, na ja, angestaubt. Noch erstaunlicher als seine Renaissance an sich aber ist, dass ihn Peter Ustinov bei Poirots letzten Leinwandabenteuern in den Siebzigern (nicht ganz zu Unrecht) zu einem klugen Clown gemacht hat, Branagh ihn aber nun als tragische Figur wiederauferstehen lässt, mit einer besonderen Gabe gestraft, die ihn dazu zwingt, zwischen Hummersuppe und Art-déco-Möbeln für Gerechtigkeit zu sorgen. Inklusive einer rührseligen Vorgeschichte, die die Existenz des unvermeidlichen, gewachsten Schnauzbarts erklärt.