Als der einsame Beckenbauer ein Bild für die Ewigkeit schuf
n-tv
Der deutsche Triumph bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1990 ist für Generationen eine prägende Erfahrung. Teamchef Franz Beckenbauer war der perfekte Dirigent, er ließ seine Spieler laufen. Einmal brach die Wut aus ihm aber auch gnadenlos heraus. Am Ende stand ein Bild für die Ewigkeit.
Es konnte gar nicht anders kommen. Am Abend des 8. Juli 1990 musste Deutschland im Stadio Olimpico einfach Fußball-Weltmeister werden. Denn an der Seitenlinie stand Franz Beckenbauer. Da stand der Mann, dem seine Freunde und Wegbegleiter stets bescheinigt hatten, dass er auf der Sonnenseite des Lebens segelte. Das immer dort oben war, wo der Franz war, der an diesem Sonntag (7. Januar 2024) nach langer und schwerer Krankheit verstorben ist. Und so kam es dann auch. Andreas Brehme schoss die Nationalmannschaft gegen Ende eines zähen, nahezu unansehnlichen Spiels in der italienischen Hauptstadt Rom in der 85. Minute in Führung. Er überwand Elfmetertöter Sergio Goycochea mit einem satten Schuss in die linke Ecke (aus Sicht des Schützen). Der Pfiff zum Strafstoß war eher wohlwollend gewesen, aber egal, Tor, 1:0.
Das Spiel war kein Leckerbissen, es war ein Kampf, die Argentinier foulten häufig, die Deutschen dominierten. Beckenbauer befand: "Die Argentinier waren zu schwach, um gegen uns bestehen zu können. Schade für das Endspiel, aber wir können uns den Gegner nicht aussuchen." Den Moment der Krönung schmälerte das freilich nicht. Und als es geschafft war, entstand ein Bild für die Ewigkeit. Eines, das Generationen von Deutschen mit Beckenbauer verbindet. Bis heute, und auch lange über seinen Tod hinaus. So nah war das Land ihrem Kaiser nie. Und so nah es kam es wohl auch nie wieder. In den vergangenen Jahren fand sogar eine Entfremdung statt. Der dunkle Schatten der WM-Vergabe 2006 hat sich nie ganz verzogen.
Beckenbauer schlenderte nach dem Abpfiff ganz allein über den Rasen des Stadio Olimpico. Tief versunken in Gedanken. Er schlenderte so bedächtig, als würde er etwas suchen. Aber was? Das Wichtigste hing ja bereits um seinen Hals, die Goldmedaille. "Ich wollte meine Ruhe haben", hat er später erzählt, "und da war Ruhe." Was ihm durch den Kopf ging? "Ich wusste gar nicht, wohin mit mir, und floh auf den Platz. Du guckst auf den Rasen, und in ein paar Minuten fliegt dein ganzes Leben an dir vorbei. Ich dachte an meine Mutter, meine Familie, an den WM-Titel als Spieler 1974 in München und an zu Hause. Bis plötzlich ein Arm kam, mich anfasste und aus den Gedanken riss." In den Sekunden der Einsamkeit hatte er das Gefühl, "es drängt mich einer, es schiebt mich einer über den Platz", sagte Beckenbauer in der neuen ARD-Dokumentation. Es war der Sommer der Einheit gewesen. Deutschland feierte gemeinsam, eine historische Glückseligkeit. Alles schien möglich. Alles wurde möglich.
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