"Afghanische Frauen sind Heldinnen"
n-tv
Fawzia Saidzada hat es geschafft, zumindest nah Berlin und aus Afghanistan heraus, wo sie nicht mehr sicher war. Ihr Ziel: Eine Rede im Deutschen Bundestag. So, wie die junge Journalistin wirkt, wird ihr das auf jeden Fall gelingen. Und noch viel mehr!
Ende Juli hatte es Fawzia Saidzada geschafft. Die 30 Jahre alte Journalistin und Frauenrechtlerin aus Afghanistan kam in Berlin an - nach fast einem halben Jahr auf der Flucht. "Afghanische Frauen sind Heldinnen", sagt sie. "Sie sind Kämpferinnen, die in den vergangenen vier Jahrzehnten Krieg ausgesetzt waren, aber die Hoffnung nicht verloren haben." In ihrer Heimat hatte sie vor der Machtübernahme der Taliban die neu gewonnene Freiheit von Frauen gelebt. Sie studierte, arbeitete als Journalistin und Aktivistin. Dann kam das jähe Ende.
Die radikalislamischen neuen Herrscher schränkten die Rechte von Frauen und Mädchen massiv ein - Saidzada ging zunächst in den Untergrund. Doch auf Dauer war dies für sie und ihre Familie zu gefährlich. "Wir hatten ein gutes Leben, wie die Deutschen hier", erinnert sie sich an die Zeit, als die international unterstützte Regierung noch die Macht hatte und die Truppen des Westens mehr oder weniger für Sicherheit und Stabilität sorgten. Sie studierte an der Salaam Universität in Kabul, vier Jahre Jura, zwei Jahre Journalismus. Sie arbeitete als politische Analystin für TV-Sender, als Moderatorin für Radiostationen und engagierte sich für die Rechte von Frauen und Mädchen.
Die Taliban machten all das zunichte. Im August 2021 nahmen sie die Hauptstadt ein, die internationalen Mächte verließen nach 20 Jahren das Land. "An dem Tag, an dem Afghanistan fiel, brach alles in unserem Leben zusammen", erinnert sich Saidzada. Zunächst war sie entschlossen, zu bleiben. Das Motto für sie und ihre Mitstreiter: "Entweder Freiheit oder Tod!" Sie hätten sich weiterhin für die Rechte von Frauen und Mädchen eingesetzt, für deren Zugang zu Universitäten und Schulen, sie hätten Kontakten im Ausland über Verbrechen der Taliban berichtet, Orte enthüllt, an denen Frauen gefangen gehalten worden seien, und darüber berichtet, wenn Soldaten der früheren Regierungsarmee getötet worden seien. Sie hielt durch bis Oktober, dann wurden sie und ihr drei Jahre jüngerer Bruder Rahmatullah von den Taliban verschleppt. Nach eigener Darstellung kam sie bereits einen Tag später frei, weil sie glaubhaft versichert habe, mit den Taliban zusammenarbeiten zu wollen. Ihr Bruder blieb 15 Tage in Gefangenschaft.