AfD und CDU: Was ist die Brandmauer der Union noch wert?
Frankfurter Rundschau
Die Union hat eine Zusammenarbeit mit der AfD stets ausgeschlossen. Gilt das auch nach dem Wahlsieg Sesselmanns bei der Landratswahl in Sonneberg?
Sonneberg/München - Eigentlich findet eine Landratswahl irgendwo in Deutschland nur in den Lokalnachrichten Beachtung. Doch das änderte sich am 11. Juni, als klar war, dass es im thüringischen Landkreis Sonneberg ein Kandidat der AfD in die Stichwahl schaffte. Und weil Robert Sesselmann nach dem ersten Wahlgang klar vor seinem CDU-Gegner Jürgen Köpper lag, war das plötzlich in ganz Deutschland ein Thema.
Wie wir inzwischen wissen, ist Sesselmann zum ersten AfD-Landrat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gewählt worden, und bestätigte gleichzeitig die Zustimmung zur AfD in Umfragen. Doch wie soll man umgehen mit dem Ergebnis, auch vor dem Hintergrund der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im kommenden Jahr? Die einen sagen: Ist ja nur ein Landratsposten. Andere sehen darin eine politische Zäsur. Für den Extremismusforscher Matthias Quent ist es ein Startschuss der AfD.
„Die Wahl von Robert Sesselmann hat für die AfD einen symbolischen Wert von bundesweiter Bedeutung. Die realen Gestaltungsmöglichkeiten eines Landrats in einem Kreis mit 54.000 Einwohnern sind begrenzt, aber dieser Wahlsieg gibt der AfD eine zentrale Position für den Angriff auf die Landes- und Bundespolitik“, sagte Quent dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Sieg sei zudem eine „Bestätigung für den rechtsextremen Radikalisierungskurs von Björn Höcke.“
Quent zufolge könnte Sesselmanns Wahl schon bald auch ein Tabu zum Fallen und die lange Zeit stabile Brandmauer der Union zum Einsturz bringen. Der Extremismusforscher spricht von einem „Ausgangspunkt für eine nun höchstwahrscheinlich folgende Normalisierung und Legitimierung einer Zusammenarbeit zwischen AfD und CDU.“
Eine Zusammenarbeit zwischen den Konservativen der Union und den Rechtspopulisten der AfD? Bislang wurde eine Zusammenarbeit stets kategorisch ausgeschlossen, auch von den anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Friedrich Merz distanzierte sich 2018, als er sich das erste Mal um den Posten des CDU-Parteichefs bewarb, in der Form, dass er die AfD halbieren wolle. Dieses Versprechen nahm Merz inzwischen zurück.