Abhängig von China? Deutschland ringt um härteren Kurs
DW
Deutschland rückt von seinem wichtigsten Handelspartner ab. Robert Habeck will das China-Geschäft weniger attraktiv machen. Die Wirtschaft hält dagegen.
Der Hamburger Hafen gilt als Deutschlands Tor zur Welt. Er ist vor allem ein Tor nach China. Der Wirtschaftsgigant aus Fernost ist der größte Kunde des Hamburger Hafens. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres kamen mehr als 1, 3 Millionen China-Container in der Hansestadt an. Viele davon am Containerterminal Tollerort (Artikelbild).
Jetzt möchte sich der chinesische Reederei-Riese COSCO mit 35 Prozent an dem Terminal beteiligen. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) möchte das auch: Damit würde der Containerterminal Tollerort für die größte Reederei der Welt zu einem bevorzugten Umschlagplatz in Europa. Aber Mitte August wurde bekannt: Das Wirtschaftsministerium in Berlin hat Bedenken gegen den Einstieg von COSCO in Hamburg. Die Bundesregierung, so berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, sei uneins in der Frage, ob sie die COSCO-Beteiligung genehmigen soll.
Der Streit um das COSCO-Engagement zeigt beispielhaft: Mit den Wirtschaftsbeziehungen zu China steht eine Säule des deutschen Geschäftsmodells in Frage. Nachdem sich die deutsche Abhängigkeit von russischem Gas nach Russlands Angriff auf die Ukraine als Schwachpunkt erwiesen hat, ringt Deutschland um sein Verhältnis zu China: Wie umgehen mit einer Autokratie, die seit Jahren der größte Handelspartner Deutschlands ist, in dem rund 5000 deutsche Firmen aktiv sind? Wie umgehen mit dem Land, das EU-Dokumente zugleich als Partner, Konkurrenten und strategischen Rivalen bezeichnen - wobei sich die Gewichte immer stärker Richtung Rivalität verschieben?
Robert Habeck, grüner Wirtschaftsminister und Vizekanzler, hat schon einmal eine "robustere Handelspolitik" gegenüber China angekündigt. Zum Abschluss der G7-Konferenz der Handelsminister erklärte Habeck Mitte September, "die Naivität gegenüber China ist vorbei".
Bereits Ende Mai hatte Habeck dem VW-Konzern Garantien für Investitionen in China verweigert. Ein Schock: Jahrzehntelang waren die Geschäfte deutscher Unternehmen in China mit Investitions- und Exportbürgschaften erleichtert worden. China-Experte Tim Rühlig von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) zum Kurswechsel: "Das könnte bald Methode sein. Deutsche Unternehmen dürften in naher Zukunft, wenn sie investieren wollen, wenn sie Handel mit China treiben, dies auf eigenes Risiko tun und nicht mehr auf staatliche Garantien und Absicherungen setzen können." Der deutsche Staat, so Rühlig im DW-Gespräch, wolle "keine Anreize mehr für deutsche Unternehmen setzen, das China-Geschäft auszubauen".