Ab ins Fegefeuer!
Süddeutsche Zeitung
Es ist überraschend, wo man 700 Jahre nach seinem Tod noch Spuren von Italiens Nationaldichter finden kann. Eine Wanderung auf dem Danteweg zwischen Ravenna und Florenz.
Elisabetta Mascellami tupft sich mit einem Papiertaschentuch über Stirn und Dekolleté: "Non c'è aria per niente", stöhnt sie: "Man bekommt überhaupt keine Luft!" Natürlich nicht. Es ist ein Grabmal, in dem sie an diesem noch immer heißen Sommerabend steht - und somit nicht dafür gedacht, darin Gedichte zu rezitieren. Doch eben das tut die Italienischlehrerin: Sie liest aus der Divina Commedia, der Göttlichen Komödie. Und genau genommen ist es ja doch der richtige Ort dafür: Sie befindet sich nämlich in der 1780 als neoklassizistisches Marmortempelchen erbauten Tomba di Dante in Ravenna, wo Italiens größter Dichter vor genau 700 Jahren starb und auch begraben ist. Ein koffergroßer Lautsprecher trägt ihre Stimme auf den kleinen Platz vor dem Mausoleum. Carabinieri sorgen für Ordnung. Schwalben segeln über die Backsteinmauern des Franziskanerklosters, an dessen Kreuzgang sich das Grab Dantes anschmiegt. Es ist 18 Uhr und somit die Zeit der täglichen Lettura Perpetua, der ewigen Lesung, die seit knapp einem Jahr genau hier täglich begangen wird, als Teil des Programms der Feierlichkeiten zu Ehren Dante Alighieris.More Related News