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60 Jahre Contergan-Skandal: "Wir leben noch"
DW
Eine einzige Tablette in der Schwangerschaft reichte: Etwa 10.000 Kinder kamen weltweit mit schweren Fehlbildungen zur Welt, viele starben. 1961 nahm die Firma Grünenthal Contergan vom Markt. Überlebende berichten.
April 1962: Hausgeburt bei den Kornjas in Allendorf, Gunhild ist das dritte Kind. Die Hebamme zeigt der Mutter nur das Köpfchen. Ihr Baby hat verkürzte Arme, an jeder Hand vier Finger, teils festgewachsen, der Darmausgang liegt seitlich an der Hüfte. Der herbeigerufene Arzt ist nicht sicher, "wie lange das Kind noch lebt". Paten und Pastor werden herbei geholt zu einer Not-Taufe im Wohnzimmer.
Es folgen viele Operationen und lange Monate in einer Reha-Einrichtung weit weg von zuhause. Dann besucht Gunhild als erstes Kind mit Behinderung die Schule im Ort. Der Hausmeister baut ein Pult für ihre Armlänge. "Geht nicht, gibt's nicht", ist das Motto ihrer Mutter, "erst wird probiert". Gunhild fährt Rad und Roller, fällt hin, steht auf.