„Zivilbevölkerung wird gegen alle Regeln des Kriegsrechts in den Tod getrieben“
Die Welt
In der Ukraine beschießt die russische Armee zivile Einrichtungen und Flüchtende, Mariupol ist eingekesselt. Juristen debattieren, ob es sich um Kriegsverbrechen oder gar ein Genozid handelt. Der renommierte Völkerrechtler Tomuschat hat eine klare Antwort – und eine düstere Prognose.
WELT AM SONNTAG: Herr Professor Tomuschat, aus der Ukraine kommen immer mehr Meldungen über die Bombardierung ziviler Einrichtungen. Ist die Anklage von Völkermord berechtigt?
Christian Tomuschat: Auf Völkermord deuten jedenfalls viele Anzeichen. Für diesen Tatbestand sind in internationalen Vereinbarungen klare Merkmale formuliert. Um Völkermord handelt es sich, wenn eine bestimmte ethnische, nationale oder religiöse Gruppe von Personen, Zivilisten mit der Absicht von Vernichtung verfolgt wird. Die englische Vokabel lautet „destroy“, im Deutschen spricht man besser von Vernichtung. Bei der Beweisführung eines Völkermords muss also die Absicht der Vernichtung nachgewiesen werden.
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