„Wir wurden in eine Welt voller Blut geboren“
Die Welt
Der Irak wählt, doch 18 Jahre nach der US-Intervention ist die Demokratie immer noch fragil. Vor allem der Einmarsch des IS hat im tiefe Spuren hinterlassen. Manche befürchten einen Staatskollaps wie in Afghanistan. Eine Erkundung in Bagdad.
Der Irak gilt bis heute als Beispiel für das Scheitern jener amerikanischen Außenpolitik, die nach den Anschlägen des 11. September 2001 die westliche Vorstellung von Freiheit und Demokratie notfalls auch mit der Waffe in der Hand in die Welt hinaus tragen wollte. Das Land gilt als Failed State, als gescheiterter Staat, der zum Spielball seiner mächtigen Nachbarn geworden ist. Genauso wie Afghanistan, wo sich der mit westlichen Milliarden hochgepumpte Staat vor ein paar Monaten ebenfalls als Schimäre erwies – und beim Ansturm der Taliban unfassbar schnell in sich zusammenfiel.
Doch während am Hindukusch wieder die Islamisten herrschen, wird im Irak an diesem Sonntag zum sechsten Mal in Folge ein neues Parlament gewählt. Und im Vergleich zu früher ist die Lage im Land derzeit ziemlich entspannt. Die Reste des IS sitzen irgendwo in den öden Wüsteneien an der Grenze zu Syrien. Anschläge gibt es kaum. Sogar die sogenannten Volksmobilisierungskräfte, die knüppelharten, teils von Teheran gesteuerten Schiitenmilizen, die in den letzten Monaten immer wieder Kugeln auf Aktivisten und Raketen auf US-Basen abfeuerten, verhalten sich ruhig. Manche von ihnen kandidieren sogar selbst für das Parlament.