„Tunnel der Freiheit“ in der ARD: Durch den Dreck nach Westen
Frankfurter Rundschau
Spannend wie ein Thriller: Das Zeitdokument erinnert an eine der abenteuerlichsten Fluchten aus der DDR. Die TV-Kritik.
Berlin - Es gibt viele Geschichten über Menschen, die unter aberwitzigen Umständen oder auf höchst abenteuerliche Weise aus der DDR geflohen sind. Mit Ausnahme der Flucht in einem Heißluftballon (1979) war wohl keine so aufsehenerregend wie diese: Im Sommer 1962 haben einige wagemutige Männer vier Monate lang vom Keller einer leerstehenden Fabrik aus einen 135 Meter langen Tunnel unter der Mauer hindurch gegraben, um Freunde und Familie rauszuholen. Marcus Vetter, mit gut zwei Dutzend Film- und Fernsehpreisen dekoriert, darunter allein drei Grimme-Preise, hat den italienischen Initiatoren der Aktion, Domenico Sesta und Luigi Spina, schon 1999 mit seinem Film „Der Tunnel“ ein Denkmal gesetzt. Die beiden studierten gemeinsam mit Peter Schmidt an der Westberliner Hochschule der Künste. Als am 13. August 1961 die Sektorengrenze abgeriegelt wurde, war das Studium für den Ostberliner Schmidt von einem Tag auf den anderen beendet. Die Freunde durften ihn nach wie vor besuchen, aber er nicht mehr in den Westen. Also tüftelten „Mimmo“ und „Gigi“ das „Unternehmen Reisebüro“ aus. Unterstützung bekamen sie durch angehende Ingenieure von der Technischen Universität. Anlässlich der Erinnerung an den Mauerbau vor sechzig Jahren erzählt Vetter die Geschichte im Auftrag von Arte und SWR nun noch einmal. Natürlich ist „Tunnel der Freiheit“ in gewisser Weise ein Remake, zumal der Autor und Regisseur – er hat zuletzt unter anderem „Das Versprechen“ über den vermeintlichen Doppelmörder Jens Söring gedreht – einen großen Teil des einstigen Materials wiederverwertet, aber der heutige Blick lässt das Unternehmen noch mal spektakulärer erscheinen. Einige der damals Beteiligten sind mittlerweile weit über achtzig, andere wie Sesta und Spina leben längst nicht mehr; Vetter blieb daher gar nichts anderes übrig, als viele Interviewausschnitte aus seinem Frühwerk zu verwenden, zumal gerade die beiden Italiener für den Film unverzichtbar sind.More Related News