„Stellarer Vampirismus“ statt schwarzes Loch: Forschende revidieren ihre eigene Studie
Frankfurter Rundschau
Forschende revidieren ihre eigene Studie: Im Sternensystem HR 6819 gibt es offenbar doch kein schwarzes Loch, dafür ein anderes äußerst spannendes Phänomen.
Löwen – Die Studie sorgte im Mai 2020 für Aufsehen: Forschende um den Wissenschaftler Thomas Rivinius gaben damals an, erstmals ein Sternensystem mit einem schwarzen Loch entdeckt zu haben, bei dem man die Sterne von der Erde aus mit bloßem Auge sehen kann. Ihre Theorie damals: Einer der beiden sichtbaren Sterne des Doppelsternsystems HR 6819 umkreist alle 40 Tage ein unsichtbares Objekt, bei dem es sich um ein stellares schwarzes Loch handeln muss. Der zweite Stern befindet sich in großer Entfernung von diesem Paar.
Die Meldung sorgte für Aufsehen, zahlreiche Artikel erschienen und auch fr.de berichtete über das erste schwarze Loch, dessen Begleiter man sehen kann. Während Rivinius und sein Team in ihrer Studie davon ausgingen, die beste Erklärung für die gesammelten Daten gefunden zu haben, kam Widerspruch von einem anderen Forschungsteam unter der Leitung von Julia Bodensteiner (damals KU Leuven in der belgischen Stadt Löwen).
Ihre Studie schlug eine andere Erklärung für die Daten vor: Bei dem Sternensystem HR 6819 könnte es sich auch um ein System mit nur zwei Sternen handeln – und es könnte womöglich gar kein schwarzes Loch involviert sein. Die Voraussetzung für dieses Alternativ-Szenario: Einer der Sterne wurde „abgetragen“ – er hat zu einem früheren Zeitpunkt einen großen Teil seiner Masse an den anderen Stern verloren.
Doch welche Theorie war die richtige? Um das Rätsel um das Sternensystem HR 6819 und das möglicherweise gar nicht existente schwarze Loch zu lösen, arbeiteten die beiden Teams zusammen und nutzten das Very Large Telescope (VLT) und das Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen Südsternwarte (ESO), um schärfere Daten zu erhalten.
„Das VLTI war die einzige Einrichtung, die uns die entscheidenden Daten liefern konnte, die wir brauchten, um zwischen den beiden Erklärungen zu unterscheiden“, erklärt Dietrich Baade, der als Autor sowohl an der ursprünglichen Studie als auch an der neuen Studie, die nun im Fachjournal Astronomy & Astrophysics veröffentlicht wurde, mitwirkte.