„Spontanheilung ohne die Hilfe von Therapeuten kommt kaum vor“
Die Welt
Magersucht ist in den vergangenen Jahren viel häufiger geworden. Mittlerweile erkranken auch Jungen daran. Ein Psychiater erklärt, woran Eltern die Krankheit erkennen und was sie tun können – und warum frühe Hilfe extrem wichtig ist.
WELT: Die Nachrichten aus den Psychiatrischen Kliniken sind erschreckend: Die Zahl der magersüchtigen Kinder und Jugendlichen, die dort behandelt werden müssen, steigen demnach stark. Angeblich ist es eine Folge der Pandemie. Beobachten Sie das auch?
Michael Elpers: Ja, wir sehen ganz klar eine Zunahme. Esstörungen wie Anorexie, Bulimie aber auch Adipositas nehmen seit Jahren zu. In den letzten zehn Jahren sind die Anorexien und Bulimien um 30 Prozent gestiegen. In der Pandemie sind diese Erkrankungen noch einmal angestiegen. Nicht nur in der Praxis erleben wir eine Zunahme von Vorstellungen mit Essstörungen. Einige Krankenhäuser berichten in der Pandemie von einer Belegung mit Patienten und Patientinnen mit Essstörungen von weit mehr als 30 Prozent. Das ist für nicht auf Essstörungen spezialisierte Kliniken sehr ungewöhnlich. Aber der Trend ist nicht neu. Es ist so, dass vor allem Mädchen, die in die Pubertät kommen, erkranken. In den vergangenen Jahren sehen wir, das ist vielleicht neu, zunehmend auch Jungen, die an Magersucht leiden.