„Schokolade ist für uns erst der Anfang“
Frankfurter Rundschau
Hendrik Reimers hat in Ghana die erste Schokoladenfabrik, die für den Export produziert, aufgebaut. Der Gründer von Fairafric spricht im Interview über sein Ziel, mehr Wertschöpfung in Westafrika zu ermöglichen, über Kinderarbeit auf den Plantagen und die Defizite des fairen Handels.
Die Leitung für das Videointerview steht und die Stromversorgung auch. Keine Selbstverständlichkeit in Ghana, wo sich Hendrik Reimers trotz turbulenter Tage Zeit für ein ausführliches Gespräch über sein Sozialunternehmen Fairafric nimmt. Gerade steht eine neue Finanzierungsrunde für die Schokoladenfabrik an und der 39-Jährige ist in der heißen Phase der Gespräche mit Investor:innen. Mit dem Geld soll auch ein Speicher für die Photovoltaikanlage finanziert werden, damit Fairafric vom öffentlichen Stromnetz unabhängiger wird.
Herr Reimers, woher kommt Ihre Liebe zur Schokolade? Ein Freund von Schokolade bin ich schon immer, habe früher aber eher unbewusst konsumiert. Die große Leidenschaft für das Produkt kam erst mit dem Projekt Fairafric. Entstanden ist alles aus der Einsicht, die ich bei einer Reise in Afrika gewonnen habe: Der Kontinent braucht unbedingt mehr Wertschöpfung, um aus der Armut herauszukommen.
Wie verrückt muss man eigentlich sein, um als Softwaremanager eine Schokoladenfabrik in Ghana aufzuziehen? Etwas, das zuvor noch niemand versucht hat. Das haben tatsächlich viele nicht verstanden, als ich aus einem erfolgreichen IT-Start-up in München ausgestiegen bin. Und ich bin da tatsächlich sehr naiv rangegangen. Hätte ich gewusst, was auf mich zukommt, hätte ich es vielleicht nicht gewagt.
Was waren die größten Hürden? Wir mussten die gesamte Infrastruktur aufbauen. Die gab es ja nicht. Alle Marken, die heute mit Nachhaltigkeitsanspruch gegründet werden, suchen sich ein Auftragsunternehmen und kümmern sich dann nur ums Marketing. Wir haben uns alles selbst erarbeitet, angefangen vom Kauf der Kakaobohnen über die Produktion der Schokolade bis hin zu ihrer Verpackung und Verschiffung.
Wie konnten Sie das Projekt finanzieren? Die Fabrik hat rund sieben Millionen Euro gekostet, das ist ungefähr das 20-fache unseres damaligen Jahresumsatzes. Das war nur mit Hilfe ganz vieler Menschen zu schaffen. Die erste Produktion haben wir über eine Kickstarter-Kampagne finanziert, also über einen klassischen Vorverkauf unserer Schokolade im Internet. Banken wollten von unserem Projekt nichts wissen. Aber wir haben nicht locker gelassen. Die KfW-Tochter DEG hat sich unsere Geschäftsidee dann doch einmal angehört. Über das Programm Africa Connect des Bundesentwicklungsministeriums bekamen wir schließlich ein Darlehen von zwei Millionen Euro.