„Precht & Lanz“: Aus der Untiefe des russischen Raums
Frankfurter Rundschau
Markus Lanz und Richard David Precht debattieren in ihrem Podcast über Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine. Das Ergebnis ist überraschend vielschichtig.
Vorab: Ich bin jemand, der sich seine eigenen Vorurteile nur äußerst ungern durch eventuell neu hinzugewonnene Erkenntnisse verwässern lässt und dergestalt ließ mich die Nachricht, die Herren Precht und Lanz hätten seit geraumer Zeit einen gemeinsamen Podcast das Schlimmste ahnen, wenn nicht gar befürchten … wahrscheinlich sogar in dieser Reihenfolge.
Hielt ich es zuerst noch zweckoptimistisch für etwas aus dem Schattenreich der Mythen und Legenden, etwa vergleichbar mit einer Live-Sendung von Nessie und dem Yeti aus dem Bermuda-Dreieck, leuchtete mir dann aber die Schlüssigkeit dieser Zusammensetzung doch überraschend schnell ein. Denn obwohl sich Markus Lanz in seiner gleichnamigen Talkshow – gefühlt (um es hoffentlich juristisch sauber zu halten) - bisweilen sogar noch bei Interviews mit Holocaustüberlebenden immer mal wieder ebenso bedenkenlos wie penetrant in den Vordergrund schwätzt, um zwischen deren unfassbarem Leid mit seinen Antarktiserfahrungen aufzutrumpfen, schien mir sein Dauergast Richard David Precht in seiner gegenpart‘schen Eigenschaft als Plauderbuddy und eloquenter Alleserklärer doch eine recht plausible Wahl.
Doch ich muss gestehen: Im Podcastformat hat mich Herr Lanz durchaus angenehm überrascht. Ob es damit zu tun hat, dass man nicht sieht, wie er auf seiner Sesselkante den vermeintlich Interviewten immer dichter und damit gleichsam auch dem halbwegs empathischen Zuschauer zunehmend unangenehmer auf die Pelle rückt, oder aber ob in einem Gespräch auf Augenhöhe - wie es die beiden in ihrem Podcast führen - bewegte Bilder ganz allgemein eher irritieren, vermag ich nicht zu beurteilen … und ist an dieser Stelle offen gestanden auch nur ein mehr oder weniger sinnfreies Anhängsel, um den Satz rhythmisch einigermaßen solide nach Hause zu ruckeln.
Jedenfalls analysieren die Herren in ihrer mittlerweile 26. Podcastfolge vom 25.02. die aktuellen Katastrophenentwicklungen im von Wladimir Putin initiierten und inszenierten Krieg in der Ukraine. Und das – vor allem in der weitaus interessanteren zweiten Sendungshälfte - erfreulich kontrovers! Inhaltlich wird auch dem sich thematisch im Bilde Wähnenden einiges an Informationen, Hintergründen und eben auch Analytischem zum Ukraine-Konflikt geboten, das in dieser angenehm unaufgeregten Form nicht zwingend zu erwarten war.
Und so gelingt es erstaunlich vielschichtig, die Aggressionsmotivation eines Mannes zu beleuchten, der sich (analog zum praktisch beschreibungsresistenten Paradebeispiel seines früheren amerikanischen Amtskollegen) offenbar nicht zwischen Minderwertigkeitskomplex und Größenwahn entscheiden kann, sondern sicherheitshalber einfach beides auf einmal annektiert.