„Peter von Kant“: Zwei Diven sind besser als eine
Frankfurter Rundschau
François Ozons Fassbinder-Hommage „Peter von Kant“ eröffnet die Berlinale, dazu Ulrich Seidls „Rimini“ und Natalia López Gallardos „Robe of Gems“.
Das befürchtete Gedränge hat sich bislang nicht eingestellt an der Festivalmeile, eine Stunde vor der Eröffnungsgala am Donnerstagabend ist es hier fast gespenstisch leer. Der weihnachtlich leuchtende Baumschmuck, eine ganzjährige Kuriosität vor den Arkaden am Potsdamer Platz, macht die Szene noch etwas unwirtlicher. Auch wer sich in einem der zu Testzentren umfunktionierten Busse seinen täglich verlangten Nasenabstrich holt, muss nicht lange anstehen.
Man spricht nicht gerne darüber, aber es fehlen nicht nur die Corona-Ängstlichen. Auch der Ausschluss der Ungeimpften ist spürbar; fast jeder kennt hier Filmschaffende, die sich aus welchen Gründen auch immer nicht impfen lassen wollen. Der Berlinalebär gehört nicht dazu; unter dem Slogan „Impfen schützt (Kino-)Kultur“ stellt er auf einem der Plakate ein kleines Pflästerchen zur Schau.
So ändern sich die Zeiten: Wie selten hatte die Politik während der Lockdowns dieses Wort bemüht, jetzt ist Kultur wieder in aller Munde. „Ohne die Kultur ist alles stumm, die Kultur ist die Stimme der Demokratie“, heißt es in Claudia Roths markiger Eröffnungsrede, die sie mit lauter Stimme von einer Leuchtschrift hinter den Kameras abliest. Auch in den anderen Reden wird der Geist des Kinos so eindringlich beschworen, wie man es sonst nur mit Abwesenden anstellt. Kein Scherz, kein Lied unterbricht den Ernst einer Zeremonie, bei der nichts mehr an die Launigkeit der Kosslick-Ära erinnert. Da konnte François Ozon mit seinem Eröffnungsfilm „Peter von Kant“ eigentlich nur noch gewinnen: Fassbinders Melodram „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ hat er darin zu einer Tragikomödie umgeschrieben.
Unter einem digitalen Dompanorama befindet sich der einzige Spielort, eine Kölner Luxuswohnung in den frühen siebziger Jahren. Hier residiert die von Denis Ménochet gespielte Titelfigur, ein berühmter Filmregisseur, der Ozons Idol Fassbinder dabei immer ähnlicher wird.
In seinem Original hatte Margit Carstensen eine Modeschöpferin verkörpert, die sich haltlos in eine von Hanna Schygulla gespielte junge Frau verliebt, die sie schamlos ausnutzt. Hier fällt diese Rolle dem bildschönen Sohn (Khalil Gharbi) seiner ehemaligen Muse zu, einer divenhaften Chansonsängerin namens Sidonie, gespielt von einer gleichfalls blendend aussehenden Isabelle Adjani.