„Partygate“-Affäre des Premiers: Spekulationen über Misstrauensvotum gegen Johnson nehmen zu
Frankfurter Rundschau
Dem britischen Premier Boris Johnson droht nach seinen „Lockdown-Partys“ ein baldiges Misstrauensvotum. Die Polizei ermittelt gegen mehr als 50 Beteiligte.
London – In der „Partygate“-Affäre wird ein baldiges Misstrauensvotum gegen Boris Johnson, Premierminister von Großbritannien, immer wahrscheinlicher. Mittlerweile seien rund 45 Briefe bei dem zuständigen Komitee eingegangen, darüber berichtet die Financial Times unter Berufung auf einen Johnson nahe stehenden Amtsträger der Tory-Partei. Entziehen mindestens 54 konservative Abgeordnete dem Premierminister ihr Vertrauen, kommt es zu einem Misstrauensvotum.
Die Polizei hat laut eigenen Angaben im Rahmen der „Corona-Lockdown-Partys“ in der Downing Street an rund 50 beteiligte Teilnehmer:innen, darunter mutmaßlich auch Johnson selbst, Fragebögen geschickt. Sollte am Ende der Ermittlungen ein Bußgeld gegen den Premier verhängt werden, halten selbst Verbündete Johnsons ein Misstrauensvotum für unausweichlich.
Der frühere Premierminister John Major empfiehlt seinem Parteikollegen Boris Johnson nach dem Skandal um die Partys im Corona-Lockdown sogar den Rücktritt. „Der Premierminister und andere Amtsträger haben [...] Lockdown-Regeln gebrochen“, sagte der konservative Politiker am Donnerstag (10.02.2022) bei einer Veranstaltung in London. Ein Regierungschef, der das Gesetz gebrochen hat, müsse schließlich zurücktreten. „Das ist schon immer der Fall gewesen“, so Major. Auch werden Rücktrittsforderungen innerhalb Johnsons eigener Partei laut.
Die innenpolitische „Partygate“-Affäre hat laut dem Ex-Premier zudem weitreichende Konsequenzen, auch über das Land hinaus. Johnson allerdings wies diese Behauptung zurück. Der Vorwurf sei „nachweisbar falsch“, sagte er am Donnerstag zu Journalisten in Warschau, als er zu Gesprächen über die Ukraine-Krise unterwegs war.
Auch komme ein Rücktritt für ihn nicht infrage: Er werde „bis zum bitteren Ende kämpfen“, wird einer seiner Verbündeten in der Financial Times zitiert. Darüber, was er im Falle einer Strafe tun werde, habe er allerdings noch nicht gesprochen. Höchstwahrscheinlich dauern die Ermittlungen von Scotland Yard noch bis in den März an. Johnson soll sich der Times zufolge jedoch schon juristisch auf eine Befragung durch die Polizei vorbereiten. Er werde einen privaten Anwalt hinzuziehen, der auf Corona-Regeln spezialisiert sei.