
„Ohne schlechtes Gewissen“ – Wie WELT-Leserinnen und Leser die Feiertage begehen
Die Welt
Wir haben Sie aufgerufen, uns Ihre Pläne und Erinnerungen zum „Fest der Liebe“ zu senden. Manche von Ihnen haben an Weihnachten ein schweres Herz, andere zelebrieren Rituale im sonnigen Ausland. Das sind die schönsten Geschichten.
Auf unseren Weihnachts-Scheidungskind-Aufruf haben wir über 60 sehr berührende Familiengeschichten erhalten. Jemand verlor seinen Vater an Weihnachten 1944. Eine Leserin kam ins Gefängnis, weil sie aus der DDR fliehen wollte. Manche freuen sich auf den Besuch ihrer Kinder und Enkel, andere werden einsam sein. Hinter jedem Kommentar steckt ein Schicksal, ein Mensch, ein individueller Umgang mit Erwartungen und Traditionen. Genau der richtige Lesestoff, voll wunderbarer Anregungen, mit Ihren Liebsten über die Feiertage ins Gespräch zu kommen. Ich teile sie hier mit Ihnen. (Hinweis: Die Kommentare sind teils leicht gekürzt und bewusst anonym gehalten.)
„Die Paketboten und der Taxifahrer bekommen Geschenke“ Ich wünschte, meine Eltern hätten sich scheiden lassen. Als Kind in einer unglücklichen Ehe aufzuwachsen, ist unschön. Unser Familienleben war geprägt durch angespanntes Schweigen und Kälte seitens des Vaters und „Zusammenreißen-für-die-Kinder“ seitens meiner Mutter. Jeden Tag, jahrelang – und an Weihnachten kulminierte das, zusätzlich „befeuert“ durch meine Großmutter mütterlicherseits. Leider waren Vater und Oma wie Hund und Katze. Wenn man Anschweigen perfektionieren kann, dann konnten es diese beiden. Aber zurück zu Schönem und den Sehnsüchten: ich habe mir eigene Rituale geschaffen, um die schönen Erinnerungen und Gefühle aus der Adventszeit als Kind wieder zu erleben: Die Wohnung wird an einem bestimmten Tag dekoriert, ich backe, ich packe Adventspäckchen für Freunde, die Paketboten und der Taxifahrer bekommen Geschenke. Ich gehe im Dezember in mein Lieblingsrestaurant, in Begleitung, aber auch allein, um dort Rinderrouladen zu essen. Wenn der erste Schnee gefallen ist, mache ich eine Fotoserie, nur für mich.“