„Moonfall“ im Kino: Emmerichs Mondfahrt
Frankfurter Rundschau
Wie viel Unglaublichkeit passt in einen ernsthaften Science-Fiction-Film? „Moonfall“ ist der ultimative No-Brainer.
Vielleicht ist der Mond ja wirklich nur ein Luftballon, wie der Schauspieler David Niven seine Autobiografie betitelte. Was er damit sagen wollte: Hollywood kann uns alles glauben machen. Vielleicht ist der Mond ja auch aus Cheddar-Käse, wie in einem Wallace-und-Gromit-Trickfilm. Oder ein Konstrukt von Außerirdischen und von innen hohl, wie recht früh in Roland Emmerichs Film „Moonfall“ spekuliert wird. Warum nicht, im Kino ist schließlich alles möglich. Wenn man es denn möglich macht. Genau das ist das Problem dieses Science-Fiction-Films, der gleich von Beginn an wie der Himmelskörper in seinem Mittelpunkt auf die schiefe Bahn gerät.
Diese Bahn ist gleichwohl nach bewährten Mustern angelegt. Emmerich, der seinen besten Film, „Das Arche-Noah-Prinzip“, als Student drehte, bastelt noch immer gerne etwas, nur damit es am Ende schön kaputt geht. Das kindliche Staunen darüber bebildert er mit Helden, die große Kinder sind. Hier ist es Patrick Wilson als Astronauten-Ass, das unglücklicherweise in der Vorgeschichte des Films anno 2011 bei der Nasa in Ungnade gefallen ist. Eine unbegründete Verhaltensklage in der Vorzeit von MeToo muss es gewesen sein, so etwas kann ja passieren.
Was dem Ganzen aber einen etwas unangenehmen Beigeschmack gibt: Ausgerechnet die Frau, deren Aussage ihn damals zu Fall brachte, ist in der Zwischenzeit in die Top-Riege der Weltraumbehörde aufgestiegen. So mögen sich chauvinistische Jungs weibliche Karrieren in Männerdomänen erklären. Immerhin verleiht Halle Berry dieser Figur eine imponierende Geradlinigkeit, an der platte Klischees förmlich abzurutschen scheinen. Natürlich werden sich beide im letzten Akt zum buchstäblichen Himmelsfahrtkommando in einem Spaceshuttle wiederfinden.
Die heimliche Hauptfigur ist der Dritte im Bunde, ein von John Bradley gespielter, dicklicher Supernerd. Seinen Berechnungen ist überhaupt die Warnung zu verdanken, dass da ein Mond vom Himmel fällt. Und da die Erde nicht einen Satz zur Seite machen kann, muss man eben etwas mit dem Mond anstellen. Das wiederum klingt alles andere als unmöglich, wenn man sich einmal mit der verwegenen Theorie des jungen Mannes angefreundet hat: Sollte der Sehnsuchtsort ganzer Künstlerlegionen wirklich ein von Außerirdischen gesteuerter Hohlkörper sein? Bewohnt von künstlichen Intelligenzen?
Nun gibt es künstliche Intelligenz, aber es gibt auch echte Dummheit. Viele Dialoge in diesem Film sind von einer Qualität, für die man selbst in Hollywoods ärmsten B-Film-Studios der dreißiger Jahre den Autoren die Tür gewiesen hätte („Willst du mir sagen, dass der Mond die größte Täuschung der Menschheitsgeschichte ist?“). Bis es freilich zur deren Aufdeckung kommt, müssen reichlich irdische Probleme gelöst werden. Schließlich handelt es sich wie meist bei Emmerich um einen Katastrophenfilm, ein Genre das auf Romane wie „Die letzten Tage von Pompeji“ zurückgeht. In diesem Fall sind das zwei Ehescheidungen und der fehlgeleitete Teenagersohn des Astronauten, der sich Tage vor dem Start wegen eines Autodiebstahls hinter Gitter gebracht hat.