
„Mit wenigerbesser leben“
Frankfurter Rundschau
Für den Historiker und Philosophen Fabian Scheidler ist klar: Wir müssen alles stoppen, was die Welt zerstört, auf der wir leben. Ein Gespräch über die Mär vom endlosen Wachstum, solidarische Umverteilung und warum es kein Problem ist, wenn die Menschen weniger arbeiten
Verheerende Waldbrände in der Türkei, katastrophale Fluten im Südwesten Deutschlands. Klimachaos und ökologische Krisen bedrohen die Zukunft der Menschheit. Eine tiefere Ursache dafür liegt für Fabian Scheidler in einem technokratischen Weltbild. Doch er sieht auch Perspektiven für einen gesellschaftlichen Wandel. Herr Scheidler, Sie schreiben, dass wir das Verhältnis von Mensch und Natur neu denken müssen. Gleichzeitig bezeichnen sie „Natur“ als problematischen Begriff. Woher rührt Ihr Unbehagen? Der Begriff suggeriert, dass die Natur etwas ist, das getrennt von uns existiert, außerhalb von uns. In den letzten 400 Jahren hat sich dieser Gegensatz immer weiter entwickelt: Wir haben auf der einen Seite die Kultur und die Zivilisation – und dann gibt es eben die Natur, die Umwelt. Dabei existiert diese Trennung überhaupt nicht. Zum Beispiel werden alle acht Wochen sämtliche Atome meiner Leber ausgetauscht. Wir sind Austauschwesen, nicht nur auf der Ebene des Stoffwechsels und der Atmung. Wir sind auch Teil eines sozialen und ökonomischen Stoffwechsels, und wenn wir auf die Ebene der Quantenphysik gehen, sehen wir, dass wir tatsächlich mit allem verbunden sind. Gegensätze wie Zivilisation und Natur führen zu der Illusion, dass die Natur da draußen etwas ist, um das wir uns kümmern können, nachdem wir uns mit anderen Problemen, zum Beispiel in der Wirtschaft, beschäftigt haben.More Related News